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Das Who's Who der Bakterien: Ein verlässlicher Weg zur Definition von Arten und Stämmen

11.03.2024

Forschende machen einen großen Schritt, um die Anzahl der Stämme, aus denen sich eine natürliche Bakterienpopulation zusammensetzt, abzuschätzen.

Was verbirgt sich hinter einem Namen? Eigentlich eine ganze Menge.

In der Wissenschaft helfen Namen und Bezeichnungen, die Organismen der Welt zu organisieren, damit sie identifiziert unduntersucht werden können. Für Bakterien gab es aber bisher keine zuverlässige Methode, um sie schlüssig nach Arten und Stämmen zu organisieren. Das ist problematisch, da Bakterien eine der am weitesten verbreiteten Lebensformen sind und etwa drei Viertel aller lebenden Arten auf der Erde ausmachen.

Ein internationales Team von Forschende geht nun einen großen Schritt, um dieses Problem zu lösen. An der Studie beteiligt waren u.a. Rudolf Amann vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie (Bremen, Deutschland), Ramon Rosselló-Móra von IMEDEA (Mallorca, Spanien) und Kostas Konstantinidis vom Georgia Tech Institute (Atlanta, USA). Die Forschungsergebnisse erschienen jetzt in der Fachzeitschrift Nature Communications unter der Erstautorenschaft von Tomeu Viver, der in den letzten zwei Jahren am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie tätig war. Sie beschreiben die natürliche Aufteilung von Bakterien mit dem Ziel, eine wissenschaftlich brauchbare Methode zu finden, um sie in Arten und Stämme einzuteilen. Dazu lassen sich die Forschenden ihren Weg von den Daten weisen.

Salinengelände
Das Salinengeländes in Spanien, in dem ein großer Teil der Forschungsarbeiten durchgeführt wurde. Eine Saline dient der Gewinnung von Speisesalz und ist ein natürlicher Lebensraum für das Bakterium Salinibacter ruber. (© Mercedes Urdiain/ Marine Microbiology Group (MMG) of the IMEDEA)

„Es gibt zwar eine Arbeitsdefinition für Arten und Stämme, aber diese ist in der wissenschaftlichen Gemeinschaft noch lange nicht akzeptiert“, so Konstantinidis. „Das liegt daran, dass diese Klassifizierungen auf menschlichen Maßstäben beruhen, die sich nicht unbedingt gut auf die Muster übertragen lassen, die wir in der Natur sehen. Würden wir Primaten nach den gleichen Maßstäben klassifizieren wie E. coli, dann würden alle Primaten – von Lemuren über Menschen bis hin zu Schimpansen – zu einer einzigen Art gehören.“

Das Forschungsteam sammelte Bakterien aus zwei Salinen in Spanien. Salinen sind Bauwerke, in denen Meerwasser verdunstet, um Salz für den Verbrauch zu bilden. Sie beherbergen vielfältige Gemeinschaften von Mikroorganismen und sind ideale Orte, um Bakterien in ihrer natürlichen Umgebung zu untersuchen. Dies ist wichtig für das Verständnis der Vielfalt von Populationen, da sich Bakterien im Labor oft genetisch verändern.

Das Team entnahm und sequenzierte 138 zufällige Isolate von Salinibacter ruber-Bakterien aus diesen Salinen. Um natürliche Lücken in der genetischen Vielfalt zu ermitteln, verglichen die Forschenden die Isolate mit sich selbst, indem sie ein Maß für die durchschnittliche Nukleotididentität (ANI) verwendeten – ein Konzept, das Konstantinidis zu Beginn seiner Karriere entwickelt hatte. ANI ist ein robustes Maß für die Verwandtschaft zwischen zwei beliebigen Genomen. So beträgt der ANI zwischen Menschen und Schimpansen etwa 98,7 %.

Die Analyse bestätigte die früheren Beobachtungen des Teams, dass es mikrobielle Arten gibt, die mit ANI zuverlässig beschrieben werden können. Sie fanden heraus, dass Mitglieder derselben Bakterienart auf der ANI-Skala typischerweise eine genetische Verwandtschaft von 96 bis 100 % aufweisen, während die Verwandtschaft mit Mitgliedern anderer Arten im Allgemeinen weniger als 85 % beträgt.

Die Daten zeigten eine natürliche Lücke in den ANI-Werten um 99,5 % ANI innerhalb der Salinibacter ruber-Spezies, die zur Unterscheidung der Spezies in ihre verschiedenen Stämme verwendet werden könnte. In einer begleitenden Veröffentlichung die im Fachjournal mBio erschien, untersuchte das Team etwa 300 weitere Bakterienarten auf der Grundlage von 18 000 Genomen, die kürzlich sequenziert und in öffentlichen Datenbanken verfügbar gemacht wurden. Bei mehr als 95 % der Arten stellten sie ähnliche Diversitätsmuster fest.

„Wir glauben, dass diese Arbeit das molekulare Instrumentarium für die genaue Beschreibung wichtiger Diversitätseinheiten auf Artniveau und innerhalb der Arten erweitert und dass sie für künftige Mikrodiversitätsstudien in klinischen und ökologischen Umgebungen von Nutzen sein wird“, so Konstantinidis.

Originalveröffentlichung

Viver, T., Conrad, R.E., Rodriguez-R, L.M. et al. Towards estimating the number of strains that make up a natural bacterial population. Nat Commun 15, 544 (2024).

DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-023-44622-z

Beteiligte Institutionen

  • Mediterranean Institute for Advanced Studies (IMEDEA, CSIC-UIB), Esporles, Spanien
  • Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen, Deutschland
  • Georgia Institute of Technology, Atlanta, GA, USA
  • Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich
  • Universidad de Las Palmas de Gran Canaria, Kanarische Inseln, Spanien
  • University of Pretoria, Pretoria, Südafrika
  • University of the Balearic Islands, Palma, Spanien

Rückfragen bitte an:

Pressereferentin

Dr. Fanni Aspetsberger

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