Seitenpfad:
  • Pres­se
  • Ein­raum­woh­nung: Ni­schen­bil­dung auf kleins­tem Raum an hei­ßen Tief­see­quel­len

Ein­raum­woh­nung: Ni­schen­bil­dung auf kleins­tem Raum an hei­ßen Tief­see­quel­len

10.05.2017

Von brennend heiß zu eiskalt, von energiereich zu mager – die Umweltbedingungen rund um heiße Quellen in der Tiefsee verändern sich auf kleinstem Raum dramatisch. Die ansässigen Bakterien haben dennoch klare Vorzüge, was ihnen behagt. Jeder hat seine eigene ökologische Nische.

 

Wer an hei­ßen Quel­len in der Tief­see lebt, muss sich ei­ni­gen Her­aus­for­de­run­gen stel­len.

Auf­ge­heizt von der Hit­ze aus dem Erd­in­ne­ren, spru­delt an den Hydro­ther­mal­quel­len Was­ser mit über 300 Grad Cel­si­us aus dem Mee­res­bo­den. Das ist mög­lich, da sich durch den enor­men Druck in der Tief­see der Sie­de­punkt des Was­sers er­höht. Au­ßer­dem gibt es fern­ab der Ober­flä­che nicht das kleins­te Fünk­chen Son­nen­licht. Die Um­wand­lung von Koh­len­di­oxid in Bio­mas­se, wie sie Pflan­zen be­trei­ben, ist also nicht mög­lich. An­de­re En­er­gie­quel­len müs­sen her. Mi­kro­or­ga­nis­men in der Tief­see nut­zen da­her che­mi­sche Ver­bin­dun­gen wie Me­than oder Sul­fid, die aus den hei­ßen Quel­len strö­men, um zu wach­sen. So bil­den sie die Ba­sis der dor­ti­gen Nah­rungs­ket­te.

In die­sem ex­tre­men Le­bens­raum ver­än­dern sich die Le­bens­be­din­gun­gen für die an­we­sen­den Or­ga­nis­men auf kleins­tem Raum auf dras­ti­sche Wei­se. Nach dem Aus­tritt trifft das hei­ße Quell­was­ser auf das vier Grad kal­te Was­ser des um­ge­ben­den Mee­res und kühlt schnell ab. Glei­ches gilt für den Ge­halt von bei­spiels­wei­se Sul­fid – schon we­ni­ge Zen­ti­me­ter ne­ben der Aus­tritts­stel­le sind nur mehr Bruch­tei­le der ur­sprüng­li­chen Kon­zen­tra­tio­nen zu fin­den.

 

Probenahme mit Quest
Mit Hilfe des Tauchroboters Quest beprobten Meier und seine Kollegen Gas und Wasser ebenso wie verschiedene Oberflächen an Hydrothermalquellen im Manus-Becken (Quelle: MARUM − Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen)
Probenahme Dimitri Meier mit Quest
Probenahme Dimitri Meier mit Quest
Orte der Probenahme (Quelle: MARUM − Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen)
Meier Bild Grafik
Die Bakterien bewohnen winzige ökologische Nischen – Epsilonproteobakterien ganz nah an den Quellen, SUP05-Bakterien weiter weg. (Quelle: The ISME Journal)

Wie schaf­fen es die Mi­kro­or­ga­nis­men vor Ort, sich ei­nem so klein­tei­li­gen Um­feld an­zu­pas­sen? Gibt es öko­lo­gi­sche Ni­schen, wie wir sie aus an­de­ren Le­bens­räu­men ken­nen? Die­ser Fra­ge ge­hen der Bio­lo­ge Di­mi­tri Mei­er vom Max-Planck-In­sti­tut für Ma­ri­ne Mi­kro­bio­lo­gie in Bre­men und sei­ne Kol­le­gen zu­sam­men mit Mee­res­for­schern vom MA­RUM in Bre­men und der Har­vard Uni­ver­si­ty in Cam­bridge, USA, in ei­ner neu­en Ver­öf­fent­li­chung im Fach­jour­nal ISME Journal auf den Grund.

Wer wo wohnt, ist klar geregelt

Auf ei­ner For­schungs­fahrt zu den hei­ßen Quel­len im Ma­nus-Be­cken vor Pa­pua-Neu­gui­nea sam­mel­ten die For­scher Gas- und Was­ser­pro­ben so­wie Pro­ben von ver­schie­de­nen Ober­flä­chen in un­mit­tel­ba­rer Um­ge­bung der Quel­len. Im La­bor in Bre­men un­ter­such­ten sie an­schlie­ßend, wel­che Mi­kro­or­ga­nis­men dort le­ben. Da­bei zeig­te sich: Wer wo wohnt an den hei­ßen Quel­len, ist klar ge­re­gelt.

„Hydro­ther­mal­quel­len auf der gan­zen Welt sind vor al­lem von zwei Bak­te­ri­en­grup­pen be­sie­delt“, er­klärt Mei­er. „Die so­ge­nann­ten SUP05 Gam­ma­pro­te­ob­ak­te­ri­en und Ep­si­lon­pro­te­ob­ak­te­ri­en der Gat­tun­gen Sulfurovum und Sulfurimonas. Wir fan­den ein­deu­ti­ge Hin­wei­se dar­auf, dass die weit­ver­brei­te­ten SUP05-Bak­te­ri­en an nied­ri­ge Sul­fidkon­zen­tra­tio­nen an­ge­passt sind. Die Ep­si­lon­pro­te­ob­ak­te­ri­en hin­ge­gen le­ben nä­her an den Quell­öff­nun­gen bei viel hö­he­ren Sul­fidwer­ten.“

Die Ep­si­lon­pro­te­ob­ak­te­ri­en be­sit­zen be­son­de­re Fä­hig­kei­ten, um in die­sem in­fer­na­li­schen aber en­er­gie­rei­chen Le­bens­raum zu be­ste­hen. „Un­se­re Ana­ly­sen ih­rer Gene ha­ben ge­zeigt, dass sie sich an Ober­flä­chen fest­hal­ten kön­nen und sehr stress­re­sis­tent sind“, so Mei­er. „Den SUP05-Bak­te­ri­en feh­len die­se Fä­hig­kei­ten, sie kön­nen sich nicht in den tur­bu­len­ten und to­xi­schen Misch­zo­nen hal­ten.“

Neuer Einblick in die Artenbildung bei Mikroorganismen

Die Stu­die wirft auch ein neu­es Licht auf die Ar­ten­bil­dung bei Mi­kro­or­ga­nis­men. Die For­scher fan­den näm­lich Hin­wei­se dar­auf, dass stark va­ri­ie­ren­de Um­welt­be­din­gun­gen auch auf sehr en­gem Raum zur Auf­fä­che­rung ei­ner Bak­te­ri­en­grup­pe in vie­le ver­schie­de­ne Gat­tun­gen und Ar­ten füh­ren kön­nen. Die bei kon­stant kal­ten und ma­ge­ren Be­din­gun­gen vor­kom­men­de SUP05-Bak­te­ri­en wa­ren durch we­ni­ge, sehr nah ver­wand­te Ar­ten ver­tre­ten. In­ner­halb der Ep­si­lon­pro­te­ob­ak­te­ri­en hin­ge­gen herrsch­te eine sehr hohe Ar­ten­viel­falt. Die­se Viel­falt be­deu­tet aber nicht, dass die ver­schie­de­nen Ar­ten auch ver­schie­de­ne Funk­tio­nen in ih­rem Le­bens­raum über­neh­men. Denn die ge­ne­ti­sche Aus­stat­tung der ver­schie­de­nen Ar­ten war ver­gleich­bar.

Ei­nes war je­doch auf­fäl­lig, be­rich­ten die For­scher: Be­stimm­te Schlüs­sel­ge­ne der Schwe­fel­oxi­da­ti­on wa­ren ähn­lich breit ge­fä­chert wie die zur Ar­ten­be­stim­mung ver­wen­de­te Mar­ker­ge­ne. „Schein­bar gibt es auf kleins­tem Raum vie­le ver­schie­de­nen Ar­ten von Ep­si­lon­pro­te­ob­ak­te­ri­en, die zwar alle Sul­fid oxi­die­ren und Koh­len­di­oxid bin­den, sich aber je­weils auf ganz be­stimm­te Rah­men­be­din­gun­gen, wie zum Bei­spiel ver­schie­de­ne Sul­fidkon­zen­tra­tio­nen, spe­zia­li­siert ha­ben“, schließt Mei­er. „Dem wol­len wir als nächs­tes nach­for­schen.“

 

Originalveröffentlichung

Di­mi­tri V. Mei­er, Pe­tra Pje­vac, Wolf­gang Bach, Ste­pha­ne Hour­dez, Pe­ter R Gir­gu­is, Charles Vi­dou­dez, Ru­dolf Amann und Anke Mey­er­dier­ks (2017): Ni­che par­ti­tio­n­ing of di­ver­se sul­fur-oxi­di­zing bac­te­ria at hydro­ther­mal vents. ISME Jour­nal

doi:10.1038/ismej.2017.37

 

Rückfragen bitte an

 
 

Oder an die Pres­se­stel­le

 

Pressereferentin

Dr. Fanni Aspetsberger

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

1345

Telefon: 

+49 421 2028-9470

Dr. Fanni Aspetsberger
 
 
Back to Top