Seitenpfad:

Geheimes Leben im Untergrund: Tiere unter dem Meeresboden

15.10.2024

In Hohlräumen und Höhlen unter dem Meeresboden in der Tiefsee haben Forschende zahlreiche Tiere entdeckt, manche davon bis zu einem halben Meter groß. Diese Entdeckung zeigt deutlich, dass die unzugängliche Tiefsee noch voller Geheimnisse steckt und wie wichtig es ist, dieses Ökosystem zu schützen. Unterstützt wurden die Forschenden von dem Datenspezialisten André Luiz de Oliveira vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie.

Ein umgedrehtes Stück Gesteinskruste zeigt Oasisia- und Riftia-Röhrenwürmer sowie andere Organismen. (CC BY-NC-SA Mónika Naranjo-Shepherd, Schmidt Ocean Institute)
Ein umgedrehtes Stück Gesteinskruste zeigt Oasisia- und Riftia-Röhrenwürmer sowie andere Organismen. (CC BY-NC-SA Mónika Naranjo-Shepherd, Schmidt Ocean Institute)

Seit langem ist bekannt, dass hydrothermale Quellen von tierischem Leben dicht bevölkert sind. Auf einer Forschungsreise zum Ostpazifischen Rücken haben Forschende um Monika Bright von der Universität Wien und Sabine Gollner vom Königlich Niederländischen Institut für Meeresforschung (NIOZ) nun entdeckt, dass nicht nur auf, sondern auch im Meeresboden Tiere unterschiedlichster Größe leben: Unter dem Meeresboden rund um Hydrothermalquellen entdeckten sie Höhlensysteme, in denen es von Würmern, Schnecken und chemosynthetischen Bakterien wimmelt. Ihre Ergebnisse veröffentlichen sie jetzt in der Zeitschrift Nature Communications.

„Das ist eine ziemlich revolutionäre Entdeckung“, sagt André Luiz de Oliveira vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen, der im Juli 2023 an der Expedition mit dem Forschungsschiff R/V Falkor (too) des Schmidt Ocean Institute teilnahm. „Diese großen Tiere unter dem Meeresboden zu finden, war nicht nur sehr aufregend. Es zeigt auch, dass die Bewohner auf und unter dem Meeresboden eng miteinander verbunden sind. Außerdem legt es nahe, dass sich die Larven dieser Tiere im Untergrund verbreiten – was schon länger vermutet, aber nie systematisch untersucht und nachgewiesen wurde.“

Im Kontrollraum der R/V Falkor (too) protokollieren Monika Bright und André Luiz de Oliveira wesentliche Elemente ihrer Tiefseeexperimente und -beobachtungen. (CC BY-NC-SA Mónika Naranjo-Shepherd, Schmidt Ocean Institute)
Im Kontrollraum der R/V Falkor (too) protokollieren Monika Bright und André Luiz de Oliveira wesentliche Elemente ihrer Tiefseeexperimente und -beobachtungen. (CC BY-NC-SA Mónika Naranjo-Shepherd, Schmidt Ocean Institute)

De Oliveira – ein Biologe, der seit langem in der Bioinformatik tätig ist – begleitete die Fahrt als Datenwissenschaftler. Die Forschungsarbeiten wurden mit Hilfe des Tauchfahrzeugs ROV SuBastian des Schmidt Ocean Institute durchgeführt, das die Tauchgänge filmte, Proben nahm und Experimente durchführte. „Jeder geplante Tauchgang – insgesamt 18 an der Zahl – lieferte bis zu vier Terabyte an Daten in Form von Videos, Bildern, Proben, Tabellen und so weiter. Meine Aufgabe war es, all diese Daten zu sortieren und zu organisieren, um den Forschenden die weitere Arbeit zu erleichtern“, sagt de Oliveira. „In enger Zusammenarbeit mit Monika, Sabine und den anderen Forschenden sowie den Meerestechnikern habe ich eine maßgeschneiderte Web-Schnittstelle eingerichtet.“ Durch die übersichtliche Erfassung und Organisation aller gesammelten Informationen und deren Verknüpfung mit Experimenten und Analysen an Bord konnten die Forschenden schnell und effizient auf die relevanten Daten zugreifen. „Wir waren von Wasser umgeben, ertranken aber in Daten. Meine Arbeit hat es den Forschenden relativ leicht gemacht, sich im Meer der täglich anfallenden Daten zurechtzufinden und ihre Experimente sinnvoll zu gestalten und interpretieren.“

Wie die Forschenden in ihrer Publikation schreiben, „wirft die Entdeckung von tierischem Leben unter der Oberfläche der Erdkruste Fragen bezüglich der Ausdehnung dieser Ökosysteme auf, die größer ist als das, was auf der Oberfläche des Meeresbodens zu sehen ist. Die Untersuchung der Biosphäre unter dem Meeresboden auf tierisches Leben hat gerade erst begonnen“. Die jetzt vorliegenden Ergebnisse werden dazu beitragen, die Funktionsweise dieser faszinierenden und komplexen Ökosysteme sowie ihre Rolle für die globale biologische Vielfalt und die geochemischen Kreisläufe besser zu verstehen. Damit unterstreicht ihre Veröffentlichung auch, dass die Ökosysteme dringend vor möglichen zukünftigen anthropogenen Einflüssen geschützt werden müssen, betonen die Autoren. „Diese Entdeckung macht deutlich, wie viele Geheimnisse sich noch in der unzugänglichen Tiefsee verbergen und wie wichtig es ist, sich um diese Ökosysteme zu kümmern“, so de Oliveira abschließend.

Eine große Ansammlung von Röhrenwürmern in den Fava Flow Suburbs, einem Standort auf dem Ostpazifischen Rücken in 2.500 Metern Tiefe. (CC BY-NC-SA, Schmidt Ocean Institute)
Eine große Ansammlung von Röhrenwürmern in den Fava Flow Suburbs, einem Standort auf dem Ostpazifischen Rücken in 2.500 Metern Tiefe. (CC BY-NC-SA, Schmidt Ocean Institute)

Originalveröffentlichung

Beteiligte Institutionen

Universität Wien, Abteilung für funktionelle und evolutionäre Ökologie, Djerassiplatz 1, 1030 Wien, Österreich

Royal Netherlands Institute for Sea Research (NIOZ), Landsdiep 4, 1797 SZ 't Horntje, Texel, Niederlande

Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie Bremen, Celsiusstraße 1, 28359 Bremen, Deutschland

Biology Department, Woods Hole Oceanographic Institution, Mail stop 52, 266 Woods Hole Road, Woods Hole, MA 02543, USA

MIT-WHOI Joint Program in Oceanography/Applied Ocean Science & Engineering, Cambridge und Woods Hole, MA, USA

Harvard University, Department of Organismic and Evolutionary Biology, Cambridge, MA, 02138, USA

UMR 8222 LECOB, CNRS-Sorbonne Université, Observatoire Océanologique de Banyuls, 66650 Banyuls-sur-Mer, Frankreich

Meeresbiologische Station Piran, Nationales Institut für Biologie, Fornače 41, 6330 Piran, Slowenien

Universität von Costa Rica, Fakultät für Biologie, 11501 San Pedro, San José, Costa Rica

Universität Wien, Abteilung für Paläontologie, Josef-Holaubek-Platz 2, 1090 Wien, Österreich

Schmidt Ocean Institute, 555 Bryant Street 374, Palo Alto, CA 94301, USA

André Luiz de Oliveira mit einem beeindruckenden Beispiel einer Riftia-Röhre an Bord der R/V Falkor (too) (© Salvador Manuel Espada-Hinojosa /Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie)
André Luiz de Oliveira mit einem beeindruckenden Beispiel einer Riftia-Röhre an Bord der R/V Falkor (too) (© Salvador Manuel Espada-Hinojosa /Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie)

Weitere Informationen des Schmidt Ocean Institute

Kontakt

Wissenschaftler

Abteilung Symbiose

André Luiz de Oliveira

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

3243

Telefon: 

+49 421 2028-8260

Pressereferentin

Dr. Fanni Aspetsberger

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

1345

Telefon: 

+49 421 2028-9470

Dr. Fanni Aspetsberger
Back to Top