Fluo­res­zenz-in-situ-Hy­bri­di­sie­rung

Der rRNA-An­satz

Der rRNA-Ansatz zur Identifizierung, Quantifizierung und Lokalisierung von bisher nicht kultivierten Bakterien

Zur Er­for­schung von mi­kro­bi­el­len Le­bens­ge­mein­schaf­ten hat sich seit über 30 Jah­ren der so­ge­nann­te ri­bo­so­ma­le RNA (rRNA) -An­satz eta­bliert. Wor­auf be­ruht der rRNA-An­satz? Im Ge­gen­satz zu mehr­zel­li­gen Or­ga­nis­men sind ein­zel­li­ge Mi­kro­ben an­hand ih­rer Mor­pho­lo­gie kaum zu un­ter­schei­den. Er­schwe­rend hin­zu kommt, dass nur ein klei­ner Teil von nicht ein­mal 1 % al­ler Um­welt­mi­kro­ben in Kul­tur ge­bracht wer­den kön­nen. Des­we­gen bie­tet sich die Ana­ly­se ih­res ge­ne­ti­schen Ma­te­ri­als an und hier ins­be­son­de­re der rRNA. Die rRNA ist ein we­sent­li­cher Be­stand­teil der Ri­bo­so­men, den Or­ten der Pro­te­in­bio­syn­the­se. Sie kommt da­her in je­dem le­ben­den Or­ga­nis­mus vor und hat in je­dem Or­ga­nis­mus etwa die glei­che Län­ge. Man nennt sie da­her „kon­ser­viert“. Ein Ver­gleich der rRNA-Gen­se­quen­zen er­mög­licht so­mit Auf­schluss über die Ver­wandt­schafts­be­zie­hung der Or­ga­nis­men, aus de­nen die rRNA-Se­quen­zen stam­men. Je we­ni­ger Un­ter­schie­de in den Se­quen­zen zu fin­den sind, des­to nä­her sind die Or­ga­nis­men mit­ein­an­der ver­wandt. So ist es mög­lich, Stamm­bäu­me zu re­kon­stru­ie­ren und die Mi­kro­ben in eine ta­xo­no­mi­sche Ord­nung zu brin­gen.

Mit die­sem An­satz kön­nen gan­ze mi­kro­bi­el­le Le­bens­ge­mein­schaf­ten er­forscht wer­den, ohne die ein­zel­nen Mit­glie­der auf­wän­dig in Kul­tur zu brin­gen und cha­rak­te­ri­sie­ren zu müs­sen. Au­ßer­dem kön­nen so neue, noch un­be­kann­te Or­ga­nis­men er­kannt wer­den.

Sche­ma­tisch sind die Ar­beits­schrit­te in der Ab­bil­dung rechts be­schrie­ben: Im La­bor iso­liert man die ge­sam­te DNA aus der Um­welt­pro­be und am­pli­fi­ziert die Gen­ab­schnit­te, die für die rRNA ko­die­ren, mit spe­zi­fi­schen Pri­mern mit­tels Po­ly­me­ra­se-Ket­ten-Re­ak­ti­on (PCR). Im nächs­ten Schritt wer­den die Pro­duk­te aus der PCR se­quen­ziert und die re­sul­tie­ren­den Se­quen­zen der rRNA Gene mit den be­reits be­kann­ten Se­quen­zen aus öf­fent­li­chen Da­ten­ban­ken ver­gli­chen. So kann die Di­ver­si­tät der in der Pro­be le­ben­den Mi­kro­ben um­fas­send be­stimmt wer­den. Im nächs­ten Schritt geht es um die Vi­sua­li­sie­rung und Quan­ti­fi­zie­rung der Mi­kro­ben mit der Fluo­res­zenz-in-situ-Hy­bri­di­sie­rung, die im nächs­ten Ab­schnitt be­schrie­ben sind.

 

Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung

Die Se­quenz­in­for­ma­ti­on aus der rRNA sagt je­doch noch nichts Ge­nau­es über die Häu­fig­keit ei­ner be­stimm­ten Art oder Gat­tung in der Um­welt­pro­be aus. Dazu ver­wen­den wir eine wei­te­re Me­tho­de, die es er­mög­licht, die Mi­kro­ben di­rekt in der Pro­be an­zu­fär­ben, da­mit zu vi­sua­li­sie­ren und dann zu zäh­len. Im ers­ten Schritt wer­den Si­gna­tu­ren in der rRNA ge­sucht, die spe­zi­fisch für die ta­xo­no­mi­sche Grup­pe der Mi­kro­or­ga­nis­men sind, die man un­ter­su­chen will. Ge­gen die­se Si­gna­tu­ren wer­den kom­ple­men­tä­re, kur­ze DNA-Se­quen­zen syn­the­ti­siert, die mit ei­nem Fluo­res­zenz­farb­stoff mar­kiert sind. Die­se so­ge­nann­ten Son­den bin­den in ei­ner Um­welt­pro­be un­ter ge­eig­ne­ten ex­pe­ri­men­tel­len Be­din­gun­gen nur an die rRNA der Ziel­or­ga­nis­men, aber nicht an den Rest der vor­han­de­nen Zel­len. Da­durch ist es mög­lich, nicht nur die Zel­len in der Pro­be an­zu­fär­ben und zu quan­ti­fi­zie­ren, son­dern auch zu lo­ka­li­sie­ren. Oft le­ben Mi­kro­ben in Kon­sor­ti­en oder an­ge­hef­tet auf Ober­flä­chen, die so nun in ih­rem na­tür­li­chen Um­feld vi­sua­li­siert wer­den kön­nen. Eine wich­ti­ge Vor­aus­set­zung da­für ist, dass Um­welt­pro­ben mög­lichst zeit­nah nach ih­rer Be­pro­bung mit ei­nem Fixa­tiv (z. B. Form­al­de­hyd) halt­bar ge­macht wer­den, um die na­tür­li­che Le­bens­ge­mein­schaft best­mög­lich in Form und Ver­tei­lung zu er­hal­ten.

 

Catalyzed Reporter Decomposition - ein stärkeres Signal mit CARD-FISH

Um ein stär­ke­res Si­gnal und hel­ler leuch­ten­de Zel­len zu be­kom­men, be­hel­fen wir uns mit ei­ner en­zy­mati­schen Re­ak­ti­on. An­stel­le der di­rek­ten Mar­kie­rung mit ei­nem Fluo­res­zenz­farb­stoff nut­zen wir DNA-Frag­men­te mit ei­nem En­zym, ei­ner so­ge­nann­ten Per­oxi­da­se. In ei­nem zwei­ten Schritt wer­den nun die Farb­stoff­mo­le­kü­le zu den Zel­len ge­ge­ben und die Per­oxi­da­se bin­det die­se Farb­stoff­mo­le­kü­le an um­lie­gen­de Pro­te­ine. So­mit be­kom­men wir ein Si­gnal, was bis zu 50-fach stär­ker ist als bei der di­rek­ten Mar­kie­rung. Wir kön­nen so auch Mi­kro­or­ga­nis­men sicht­bar ma­chen, die be­son­ders we­nig rRNA-Se­quen­zen ent­hal­ten und die wir mit der her­kömm­li­chen Me­tho­de nicht de­tek­tie­ren konn­ten.

the full cylce rRNA approach
Der rRNA-Ansatz. © Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/J. Brüwer und F. Pagel
Fluorescence in situ hybridization - FISH
Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) zur Identifizierung bekannter Mikroben. © Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/J. Brüwer und F. Pagel
CARD-FISH
CARD Signalverstärkung © Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/J. Bruewer und F. Pagel

ge­ne­FISH

Nachweis und Visualisierung einzelner Gene in Bakterienzellen

Ge­ne­FISH kom­bi­niert den Nach­weis von spe­zi­fi­schen Ge­nen und ri­bo­so­ma­ler RNA (rRNA) auf der Ebe­ne ein­zel­ner Zel­len. Wäh­rend be­stimm­te Gene auf eine be­stimm­te funk­tio­nel­le Ei­gen­schaft hin­wei­sen, er­laubt die rRNA die ta­xo­no­mi­sche Zu­ge­hö­rig­keit der Mi­kro­or­ga­nis­men. Mit ge­ne­FISH kön­nen wir also eine mög­li­che Stoff­wech­sel­funk­ti­on di­rekt mit der mi­kro­bi­el­len Ta­xo­no­mie ver­knüp­fen. Wir syn­the­ti­sie­ren Gen-spe­zi­fi­sche dsD­NA-Po­ly­nu­kleo­tid-Son­den, die mit vie­len Di­go­xi­geni­nen mar­kiert sind, die wie­der­um als Ziel von Per­oxi­da­se-mar­kier­ten An­ti­kör­pern die­nen. In ei­ner CARD Re­ak­ti­on (sie­he CARD-FISH) wird das Gen schließ­lich mar­kiert. Al­ter­na­tiv sind die Po­ly­nu­kleo­tid-Son­den di­rekt mit meh­re­ren Fluo­res­zenz­farb­stof­fen mar­kiert (di­rect-Ge­ne­FISH). Übli­cher­wei­se kom­bi­nie­ren wir 16S rRNA FISH mit ge­ne­FISH, um die Mi­kro­or­ga­nis­men zu iden­ti­fi­zie­ren und gleich­zei­tig Schlüs­sel­ge­ne nach­zu­wei­sen.

Le­sen Sie mehr über ge­ne­FISH in die­ser Ori­gi­nal­pu­bli­ka­ti­on: GeneFISH – an in situ technique for linking gene presence and cell identity in environmental microorganisms

oder über Di­rect-ge­ne­FISH: Direct-geneFISH: a simplified protocol for the simultaneous detection and quantification of genes and rRNA in microorganisms

Identifizierung phageninfizierter Zellen mittels phageFISH

Pha­gen sind Vi­ren, die bak­te­ri­el­le und ar­chaea­le Zel­len be­fal­len. Die ge­ne­FISH-Me­tho­de wur­de zum Nach­weis ein­zel­ner Pha­gen­ge­ne er­wei­tert. Da­mit kön­nen wir so­wohl Mi­kro­or­ga­nis­men iden­ti­fi­zie­ren, die von ei­nem Vi­rus in­fi­ziert wur­den, als auch frei schwim­men­de Pha­gen.

Le­sen Sie mehr über pha­ge­FISH in die­ser Ori­gi­nal­pu­bli­ka­ti­on: Single-cell and population level viral infection dynamics revealed by phageFISH, a method to visualize intracellular and free viruses.

GeneFISH: gene + rRNA detection
Mit geneFISH werden die rRNA und die Gene in zwei aufeinanderfolgenden Schritten nachgewiesen: Die mikrobielle Zellidentität wird mit 16S rRNA-FISH bestimmt. Die Gene werden über einen kombinierten Antikörper-CARD-Signalverstärkungsschritt oder über direkt markierte dsDNA-Fragmente angepeilt. © Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/J. Barrero-Canosa
Burst of Pseudoalteromonas cells
Pseudoalteromonas-Zellen (grün) stehen kurz vor dem Aufplatzen durch eine Virusinfektion (rot). Strukturiertes Beleuchtungsmikroskopie-Bild, aufgenommen mit dem ELYRA PS.1 System (Zeiss). Maßstabsbalken 1 µm.
© Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/J. Barrero-Canosa
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