Isolierung und Kultivierung von Mikroorganismen
Isolierung und Anzucht von Bakterien
Die Vielfalt an mikrobiellen Arten ist fast unendlich. Die Kombination von Hochdurchsatzverfahren (viele Ansätze) mit standardisierten Medien wird noch immer zur Isolierung von Stämmen führen, die neue Arten und Gattungen sind. Diese Vorgehensweise ist nicht das Ziel unseres Kultivierungsprogramms.
Die Kultur-unabhängige Analyse von Erbgut in Lebensräumen ermöglicht uns einen lebensnahen Blick auf die häufigen Mikroorganismen im Meer. Um Arten mit einer globalen Bedeutung im Kohlenstoffkreislauf zu erhalten, benutzen wir molekulare Methoden – Arten-spezifische PCRs und in situ Bildgebungen – zur Quantifizierung in Anreicherungskulturen. Seit über hundert Jahren benutzen Mikrobiologen an Nährtoffen reiche Medien mit millimolaren Substratmengen zur Bakterienisolierung und erhalten die am schnellsten wachsenden Zellen. Dieser Nährstoffreichtum is selten in der Natur. Und die im Ozean häufigen Arten wachsen normalerweise nicht unter diesen Bedingungen. Wir verdünnen die frisch genommenen Umweltproben direkt nach der Probenahme mit sterilem Seewasser, um einzelne Zellen zu isolieren. Und wir inkubieren für lange Zeiten, um auch langsam wachsende Zellen zu erhalten. Die Kombination von physikalischer Vereinzelung in Hunderte von Kulturen, genügend Zeit für Wachstum und molekulare Techniken zur Analyse der Anreicherungskulturen benötigt zum Erfolg das perfekte Medium. Ein perfektes Medium versorgt die Zellen mit allen Nährstoffen in nicht-giftigen Konzentrationen, im Idealfall in einer kontinuierlichen Fütterung in mikromolaren Mengen wie in der Natur.
Eine kontinuierliche Fütterung kann für Hunderte von Verdünnungskulturen nur in Ausnahmefällen realisiert werden. Eine Lösung dieses Problems ist die Absenkung unserer Erwartungshaltung. Nicht sichtbar trübe Kulturen, sondern klares Wasser ist das Ziel. Klares Wasser kann eine Million Zellen pro Milliliter enthalten, die auf mikromolaren Nährstoffkonzentrationen aus einer Zelle gewachsen sind. Haben wir Wachstum unseres Zielorganismus mit mikroskopischen und molekularen Methoden in diesen Anreicherungskulturen festgestellt, können wir eine Medienoptimierung starten, um sichtbar trübe Kulturen zu erhalten.
Der Ozean ist nicht eine klare Brühe. Im Wasser gibt es viele lokale Lebensnischen, die sich auch ständig ändern: die Oberfläche von Algen und Zooplankton, die Verdauungssysteme von Zooplankton und Fischen, von der aufgewühlten See geformte Partikel und Kotpakete von Tieren, Zellhaufen und diffusionskontrollierte Schichten um Nährstoff-freisetzende Algen und andere organische Partikel. Die Isolierung von Mikroorganismen von diesen Lebensnischen ist eine der großen Aufgaben in der mikrobiellen Ozeanographie.