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Mikrobielle Comics: RNA als gemeinsame Sprache in extrazellulären Sprechblasen

27.02.2024

Bremer Forschende belauschen die Gespräche zwischen Mikroben in hypersalinen Lebensräumen und erlangen tiefe Einblicke in die Ursprünge des komplexen Lebens.

Einzellige Organismen, wie Bakterien und Archaeen, kommunizieren miteinander auf vielfältige Weise. Sie nutzen beispielweise winzige, sogenannte extrazelluläre Vesikel (EVs) – membranumhüllte Pakete mit einem Durchmesser von weniger als 200 nm (0,0002 mm). Die Organismen bilden sie als Ausknospungen ihrer Membran in den umgebenden Raum. Diese EVs können eine Vielzahl von Molekülen enthalten, zum Beispiel Enzyme, Nährstoffe, RNA und sogar DNA-Fragmente. Obwohl sie vermutlich eine Schlüsselrolle in mikrobiellen Gemeinschaften spielen, ist wenig über ihre Entstehung und Funktion bekannt.

Sprechblasen für RNA-Gespräche

In einer jetzt in der Fachzeitschrift PNAS veröffentlichten Studie untersuchte Susanne Erdmann mit ihrem Team am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie und Mitarbeitenden anderer Einrichtungen in Deutschland und Australien (siehe unten) EVs von Mikroben, die in extrem salzhaltigen Umgebungen, wie dem Toten Meer, leben und als halophile Archaeen oder Haloarchaeen bezeichnet werden. Die Forschenden entdeckten, dass deren EVs RNA – Nukleinsäuren mit einer zentralen Rolle in der Proteinsynthese und Genregulation – zwischen den Zellen transportieren. „Offensichtlich können EVs als RNA-Kommunikationssystem zwischen Haloarchaea dienen“, erklärt Erdmann. Insbesondere transportierten die EVs spezifische RNAs, die in der Empfängerzelle Prozesse regulieren können. „Wir vermuten, dass dies ein Kommunikationsmechanismus ist, um die Genexpression in einer ganzen mikrobiellen Population zu regeln. Die RNA ist sozusagen die gemeinsame Sprache, und das EV ist die Sprechblase.“

Extrazelluläre Vesikel
Extrazelluläre Vesikel des Haloarchaeon Haloferax volcanii, sichtbar gemacht mit einem Elektronenmikroskop. Die Maßstabsleiste misst 500 nm. © S. Erdmann/Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie

Eine GTPase aus eukaryotischen Zellen

Das Team um Erdmann untersuchte auch, wie die Haloarchaea diese EVs produzieren. „Wir fanden eine kleine GTPase – ein Enzym, das als molekularer Schalter oder Zeitgeber in vielen grundlegenden zellulären Prozessen dient –, die einer GTPase in komplexeren Zellen sehr ähnlich ist“, berichtet Erstautor Joshua Mills, der die Studie im Rahmen seiner Doktorarbeit durchgeführt hat. „Das ist ziemlich erstaunlich, da man bisher dachte, dass sich GTPase-abhängige Vesikelbildung nicht zwischen verschiedenen Zellen, sondern nur innerhalb eukaryotischer Zellen zwischen den intrazellulären membrangebundenen Kompartimenten abspielt. Unsere Ergebnisse legen nahe, dass sich Komponenten des eukaryotischen intrazellulären Vesikeltransports viel früher in der Evolutionsgeschichte entwickelt haben könnten als bisher angenommen.“

„Bislang gibt es nur wenige Studien, die die Rolle von EVs innerhalb der Domäne der Archaeen untersucht haben“, so Erdmann weiter. „Hier zeigen wir, dass EVs in salzliebenden Archaeen eine RNA-Fracht transportieren können und damit Zellen helfen, miteinander zu kommunizieren. Außerdem liefern wir spannende neue Erkenntnisse über die evolutionäre Entwicklung dieser Kommunikationsstrategie. Unsere Studie liefert die Grundlage für weitere Untersuchungen über die evolutionären Beziehungen zwischen prokaryotischer und eukaryotischer Vesikelbildung und könnte dazu beitragen, das Rätsel der Evolution der eukaryotischen Zelle zu lösen.“

Joshua Mills
Erstautor Joshua Mills, der die Studie im Rahmen seiner Doktorarbeit durchführte, im Labor am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen. © M. Müller/Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie

Originalveröffentlichung

Joshua Mills, L. Johanna Gebhard, Florence Schubotz, Anna Shevchenko, Daan R. Speth, Yan Liao, Iain G. Duggin, Anita Marchfelder, Susanne Erdmann (2024): Extracellular vesicle formation in Euryarchaeota is driven by a small GTPase. PNAS 121 (10).

DOI: 10.1073/pnas.2311321121

Beteiligte Institutionen

  • Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen
  • MARUM Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen
  • Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik, Dresden
  • Australisches Institut für Mikrobiologie und Infektionskrankheiten, University of Technology Sydney, Australien
  • Biologie II, Universität Ulm

Rückfragen bitte an:

Gruppenleiterin

Susanne Erdmann

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

2127

Telefon: 

+49 421 2028-7340

Susanne Erdmann

Pressereferentin

Dr. Fanni Aspetsberger

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

1345

Telefon: 

+49 421 2028-9470

Dr. Fanni Aspetsberger
 
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