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Neue Forschungsgruppe „Protisten-Virologie”

22.08.2024

Wir freuen uns sehr, ab Januar 2025 eine neue Forschungsgruppe an unserem Institut begrüßen zu dürfen: Unter der Leitung von Dr. Matthias Fischer erkunden die Forschenden die Biologie von Riesenviren und deren Parasiten.

Viren spielen in der Umwelt eine wichtige Rolle: Sie kontrollieren die Gesundheit und das Wachstum aller Organismen, beeinflussen Nährstoffkreisläufe, verschieben genetische Informationen und treiben die Evolution ihrer Wirte voran. Man findet Viren überall wo sich Lebewesen vermehren – in Salz- und Süßwasser, im Boden und in Sedimenten, sogar die Atmosphäre enthält mit Viruspartikeln beladene Aerosole.

Mit Hilfe neuer Technologien, vor allem der kostengünstigen Sequenzierung von DNA-Molekülen, konnte in den letzten Jahrzehnten eine unvorstellbare Vielfalt an Viren beschrieben werden. Dadurch wissen wir, dass ein großer Teil des genetischen Reservoirs auf unserem Planeten in den Genomen von Viren gespeichert ist. Wie genau sich aber einzelne Viren an ihre Wirte angepasst haben und mit ihrer Umwelt interagieren, bleibt weitgehend unbekannt.

Ökologie und Evolution von Viren in einzelligen Eukaryoten

Hier bemüht sich das Team von Matthias Fischer, Licht ins Dunkel einer ganz bestimmten Gruppe von Viren zu bringen. Es sind sogenannte Riesenviren, die aufgrund ihrer Größe und der Komplexität ihrer Genome durchaus mit Bakterien vergleichbar sind. Die größten von ihnen sind unter einem Lichtmikroskop zu sehen und enthalten mehr als tausend Gene. Bisher sind erst wenige Riesenviren im Detail beschrieben worden. Das liegt auch daran, dass sie vor allem eukaryotische Mikroorganismen infizieren. Diese auch Protisten genannte Organismengruppe ist ein essentieller Bestandteil von ökologischen Nahrungsnetzen, aber im Gegensatz zu Bakterien kaum erforscht.

„Wir suchen gezielt nach neuen Riesenviren, die wir mit ihren Wirten im Labor vermehren können, um so ihre Infektionsbiologie zu untersuchen“, sagt Fischer. „Die Erkenntnisse unserer Laborstudien übertragen wir dann auf die natürliche Umgebung dieser komplexen Viren. So lernen wir viel über ihre Vermehrungsstrategien, aber auch über ihre ökologische und evolutionäre Bedeutung.“

Im Rahmen des neu geförderten ERC-Projekts „CAPSOLUTION“ werden Fischer und sein Team die strukturelle und genomische Vielfalt von Riesenviren in nährstoffarmen Bergseen untersuchen. In den nächsten fünf Jahren wollen die Forschenden Protisten und ihre Viren in Hochgebirgsseen der europäischen Alpen aufspüren. Sie werden die natürlichen Gemeinschaften dieser Mikroorganismen mittels Elektronenmikroskopie und Omics-Methoden charakterisieren und neue Virus-Wirt-Systeme in Laborkultur bringen, um spezielle Oberflächenstrukturen von Riesenvirus-Partikeln zu untersuchen.

Matthias Fischer
Den Viren auf der Spur: Matthias Fischer bei der Probennahme am Oberen Plenderlessee in Tirol (Österreich) mit einer eigens angefertigten mobilen Filtrationseinheit, mit der Viren und Mikroben aus Gewässern angereichert werden können. (© Christopher Bellas)

Virophagen als Zellretter

Ein weiterer Schwerpunkt der neuen Forschungsgruppe liegt auf Wechselwirkungen zwischen Riesenviren und kleineren viralen Parasiten, auch Virophagen genannt. Virophagen vermehren sich oft auf Kosten der Riesenviren im gemeinsamen Wirt, was die Produktion von neuen Riesenviren schwächt. Da eine Infektion mit Riesenviren meist tödlich für den Wirt endet, profitiert die Wirtspopulation von Virophagen. So konnte die Arbeitsgruppe um Matthias Fischer zeigen, dass Virophagen in der marinen Zooplanktonart Cafeteria burkhardae als Abwehrsystem gegen Riesenviren funktionieren.

„Es ist mir ein großes Privileg, dass wir unsere Forschung am Max-Planck-Institut in Bremen durchführen können“, so Fischer. „Mit seinem kollegialen Umfeld, der exzellenten Infrastruktur und der internationalen Atmosphäre bietet das Institut für uns ideale Arbeitsbedingungen. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit den Bremer Forschenden!“

Matthias Fischer studierte Biochemie an der Universität Bayreuth und promovierte in Mikrobiologie an der University of British Columbia (Kanada). Anschließend kehrte er nach Deutschland zurück, wo er am Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung in Heidelberg zunächst als Postdoktorand und später als Forschungsgruppenleiter arbeitete. Er wurde unter anderem mit einem EMBO Postdoctoral Fellowship und dem Chica und Heinz Schaller Forschungspreis ausgezeichnet.

Forschungsobjekt
Das Forschungsobjekt: Elektronenmikroskopische Falschfarbenaufnahme eines Riesenvirus-Partikels aus einem Waldboden. (© Ulrike Mersdorf & Matthias Fischer, MPImF)
Weitere Informationen zu den Forschungsthemen von Matthias Fischer gibt es hier auf Deutsch und auf Englisch
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