Lance-A-Lot

Autonomes Messgerät - Lancelot oder Lance-A-Lot?

 

Was haben Sagenheld und autonomes Messgerät gemeinsam?

Ist der eine Sir und Sagenfigur der mittelalterlichen Artusromane, so ist das andere ein autonomes Gerät, welches gleichzeitig den Sauerstoffgehalt im Sand, die Form des Meeresbodens und die Strömungsgeschwindigkeit misst. Es gibt aber eine wichtige Gemeinsamkeit zwischen beiden: die Lanze.

Das klingt ja spannend, ein Messgerät mit Lanze. Wofür ist es denn nützlich zu wissen, wie Sauerstoff den Sand durchdringt, wie die Dynamik in sandigen Sedimenten ist und wie Mikroorganismen darauf reagieren?

Bedenkt man, wie stark der Einfluss des Menschen allein durch den Nährstoffeintrag im Lebensraum Ozean ist und welche bedeutende Rolle die winzigen Bakterien spielen, um das Ökosystem Meer und all die großen Stoffkreisläufe dort am Laufen zu halten, müssen wir feststellen: Das betrifft jeden von uns und es ist somit nicht nur nützlich, sondern auch wichtig, das komplexe Zusammenspiel der oben genannten Faktoren zu verstehen und daraus die richtigen Schlüsse und Handlungsweisen zu ziehen. Lance-A-lot ist dabei ein wichtiges Gerät, das uns Informationen darüber liefert. Die bekommt es über seine Lanzen.

Lance-A-Lot unter Wasser im Einsatz (© Foto: Hydra - Institut für Meereswissenschaften)
Lance-A-Lot unter Wasser (© Foto: Hydra - Institut für Meereswissenschaften)
Bei der Sagenfigur Lancelot haben die meisten Menschen eine ungefähre Vorstellung davon, wie sie ausgesehen hat. Doch wie ist Lance-A-Lot aufgebaut?

Lance-A-Lot ist etwa so groß wie ein Kleiderschrank und besteht aus einem Metallgestell, das am Meeresboden abgesetzt werden kann, um dort verschiedene Messungen durchzuführen. Dazu muss er einiges an Technik mit sich herumschleppen. 

Im nachgebauten Modell sieht das so aus:

Modell von Lance-A-Lot - Ansicht von vorn (© Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/ S. Paulsen)
Modell von Lance-A-Lot, Ansicht von vorn (© Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/ S. Paulsen)
Modell von Lance-A-Lot, Seitenansicht (© Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/ S. Paulsen)
Modell von Lance-A-Lot, Seitenansicht (© Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/ S. Paulsen)

Die gelben Überraschungseier im Modell stehen für die Auftriebsbojen, welche durch ein akustisches Signal aktiviert werden. So kann Lance-A-Lot nach vollendeter Arbeit wieder auftauchen. Die große silberfarbene Röhre ist ein Computer, mit welchem sämtliche Messdaten erfasst werden. Auch zu erkennen ist zwischen den Überraschungseiern ein rötlicher Kasten, der für zwei aneinandergeschaltete LKW-Batterien steht.

In der Seitenansicht entdeckt man den gelb-orangefarbenen Schlitten, an welchem die Messgeräte installiert sind. Von links nach rechts sieht man hier: die Sensorlanzen zum Messen von Sauerstoff, die Kamera, sowie rechts außen den Laser zum Aufnehmen der Bodenform. Schon im Modell ist es ziemlich beeindruckend, was an Technik verbaut wurde.

Noch spannender wird es, wenn man sich die Details ansieht. So ist die Sensorlanze für sich genommen bereits eine Sonderanfertigung, die es ermöglicht, mit mehreren optischen Sensoren unter Verwendung eines chemischen Energiewandlers die Konzentration von Sauerstoff zu messen. Der Fachausdruck hierfür ist Optode oder auch Biosensor.

Schauen wir nun genauer auf das Prinzip des optischen Sauerstoffsensors, Teil der oben genannten Sonderanfertigung.

Die Sauerstoffsensoren, welche genutzt werden, setzen sich bei Lance-A-Lot zur Sensorlanze zusammen. Während des Sammelns von Messdaten sticht also die Sensorlanze immer wieder wie eine Forke in den Boden.

Die Bestandteile des Sensors:
  • eine LED
  • eine Photodiode, welche als Filter zur Messung des ausgesandten (emittierten) Lichts dient
  • eine lichtempfindliche Schicht (Polymermatrix, in Photodiode erhalten) mit eingebetteten Farbstoffmolekülen, die von einer optischen Isolierschicht umgeben ist
Zeichnung von Svenja: Funktion des Sensors
Funktion des Sensors (S. Paulsen)
Wie kann der Sensor erkennen, ob Sauerstoff vorhanden ist?

Im ersten Schritt sendet die LED ein rotes Licht aus.

Dies führt dazu, dass der Fluoreszenzfarbstoff angeregt wird.

Das abgestrahlte/emittierte Licht (infrarot) wird dann von der Photodiode aufgenommen. Haben wir keinen Sauerstoff, ist die Helligkeit des infraroten Lichtes sehr stark. Für den Fall, dass Sauerstoff vorhanden ist, gelangt weniger Licht von der LED zur Photodiode, also ist die Helligkeit sehr schwach.

Daraus folgt: Je mehr Sauerstoff im Meeresboden vorkommt, desto weniger Licht gelangt zur Photodiode.

 

Kann Lance-A-Lot auch noch andere Parameter messen?

Ja, zum Beispiel kann er den Meeresboden vermessen. Dabei strahlt ein Laser einen Strich auf den Meeresboden. Anhand dieses Striches, welcher sich an die jeweilige Bodenstruktur, zum Beispiel Rippel, anpasst, lässt sich später eine 3D-Karte des Untergrunds erstellen. Die  Kamera hilft zusätzlich, in der Auswertung Fehlerquellen zu analysieren.

In der Realität ist Lance-A-Lot noch um einiges beeindruckender und das liegt nicht allein an zusätzlichen Messgeräten wie dem Strömungsmessgerät, sondern vielmehr daran, dass er all diese Aufgaben gleichzeitig erledigt.

Lance-A-lot
Das Messgerät Lance-A-Lot wird nach einem Einsatz aus dem Wasser gehoben. (© Max-Planck-Insitut für Marine Mikrobiologie, MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften)

Um diese komplexen Vorgänge autonom zu erledigen, wurde das Ursprungsmodell beständig weiterentwickelt und an die neueste Technik sowie die jeweilige Aufgabenstellung angepasst. Deutlich machen kann man diese Anpassungen zum Beispiel am Messen der Strömungsgeschwindigkeit.

Vielleicht ist die Salzmethode zur Berechnung der Fließgeschwindigkeit eines Flusses dem Einen oder Anderen bekannt. Dabei wird Salzlösung an der Quelle in den Fluss geschüttet und die Zeit gestoppt, bis diese eine bestimmte Strecke zurückgelegt hat. Das ankommende Salz wird nun mit Messsonden erfasst, weil Salzwasser höhere Leitfähigkeit als Flusswasser hat. Allerdings taugt diese Herangehensweise nicht für eine Messung in der Nordsee, wo das Wasser bereits salzhaltig ist und auch die beschriebene Quelle fehlt.

 

Was nun?

Man nimmt Farbe anstelle von Salz. Und zwar Fluoreszein: ein neongelb leuchtender, umweltfreundlicher Farbstoff. Messsonden werden in optische Sensoren getauscht, um die Diffusion des freigesetzten Farbstoffes zu erfassen. Anstelle der Quelle wird ein Startpunkt frei gewählt und festgelegt. Gleich bleibt die Frage: Wann ist die präparierte Flüssigkeit bei den Sensoren angekommen?

Klar, dass solche Entwicklungen tatkräftige Hände und pfiffige Köpfe brauchen. Hier ist Teamwork gefragt.

Puh, das waren eine Menge Informationen. Lasst uns nun noch einmal einen Blick auf das Große und Ganze werfen: Steht auf der einen Seite nun Sir Lancelot seinem Herrn tapfer mit einem Schwert bei, so übernimmt Lance-A-Lot dieses auf der anderen Seite mit seiner Messlanze und einer Vielzahl weiterer Messgeräte für die Wissenschaftler.

Gut sichtbar: Die Messgeräte unten an Lance-A-Lot (© Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/ Soeren Ahmerkamp)
Gut sichtbar: Die Messgeräte unten an Lance-A-Lot (© Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/ Sören Ahmerkamp)
Da stellt sich doch prompt die Frage nach dem „warum und wofür“?

Grob gesagt wurde Lance-A-Lot entwickelt, um die Wechselwirkung zwischen Grundwasserströmung, Sedimenttransport und benthischen (= in der Bodenzone eines Gewässers ablaufenden) Austauschprozessen zu verstehen. Wenn ihr darüber Genaueres wissen wollt, schaut doch einfach mal den Beitrag über "Sandkastenspiele für Große" an.

Zu guter Letzt noch einmal ein Blick zurück auf die eingangs gestellte Frage nach den Gemeinsamkeiten zwischen Lancelot und Lance-A-Lot. Wenn auch die Unterschiede überwiegen – so sind doch beide im Einsatz furchtlos und das Wasserreich ist ihnen vertraut.

 

 

 

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