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Die üb­li­chen Ver­däch­ti­gen: Eine ein­ge­schwo­re­ne Bak­te­ri­en­ge­mein­schaft räumt auf, wenn in der Nord­see die Al­gen blü­hen

13.04.2016

Jedes Frühjahr blühen in der Nordsee die Algen. Dabei können von Jahr zu Jahr unterschiedliche Algenarten die Überhand gewinnen. Bei den Bakterien, welche die Algen wieder abbauen, herrschen dennoch alljährlich dieselben spezialisierten Gruppen vor.

 
Klei­ne Al­gen, die zu Aber­tau­sen­den in je­dem Mil­li­li­ter Meer­was­ser le­ben, ha­ben gro­ße Aus­wir­kun­gen. Zu­sam­men sind sie eben­so wich­tig wie die Land­pflan­zen, um Sau­er­stoff zu pro­du­zie­ren und Koh­len­di­oxid aus der At­mo­sphä­re zu ent­fer­nen. Doch die Al­gen sind kurz­le­big. Nach ih­rem Tod wer­den sie von Bak­te­ri­en zer­setzt. Da­durch wird das auf­ge­nom­me­ne Koh­len­di­oxid zum Groß­teil wie­der frei.
 

Über 5 Mil­lio­nen Bak­te­ri­en­ge­ne er­lau­ben ei­nen Ein­blick in mi­kro­bi­el­le Pro­zes­se in der Deut­schen Bucht

Um die­sen Teil des ma­ri­nen Koh­len­stoff­kreis­laufs zu ver­ste­hen, muss man also er­for­schen, wie ge­nau die Bak­te­ri­en­ge­mein­schaft des Mee­res die Al­gen ab­baut. Des­halb ha­ben Wis­sen­schaft­ler des Max-Planck-In­sti­tuts für Ma­ri­ne Mi­kro­bio­lo­gie in Zu­sam­men­ar­beit mit der Bio­lo­gi­schen An­stalt Hel­go­land des Al­fred-We­ge­ner-In­sti­tuts in ei­ner um­fas­sen­den Stu­die die Dy­na­mik von Bak­te­ri­en und Al­gen vor der In­sel Hel­go­land wäh­rend der all­jähr­li­chen Früh­jahrs­blü­te un­ter­sucht. Die For­scher um Han­no Tee­ling, Bern­hard Fuchs und Ru­dolf Amann vom Bre­mer Max-Planck-In­sti­tut ana­ly­sier­ten über ei­nen Zeit­raum von vier Jah­ren mehr als 11.000 Da­ten­punk­te. Sie se­quen­zier­ten fast 450 Mil­li­ar­den Ba­sen­paa­re aus dem Erb­gut der an­säs­si­gen bak­te­ri­el­len Ge­mein­schaf­ten. So er­hiel­ten sie In­for­ma­tio­nen über mehr als 5 Mil­lio­nen Bak­te­ri­en­ge­ne – das ent­spricht etwa dem 200-fa­chen der Gene des mensch­li­chen Erb­guts. Es sind so vie­le Da­ten, dass die on­line frei zu­gäng­li­che Ver­öf­fent­li­chung an­stel­le her­kömm­li­cher Ab­bil­dun­gen gan­ze Pos­ter ent­hält.

Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie (G. Gerdts)
Probenahmen vor Helgoland
 

Spezialisierte Bakterien zersetzen Algenbiomasse 

„Aus ei­ner früheren Studie wis­sen wir, dass sich die Bak­te­ri­en­ge­mein­schaft ver­än­dert, wäh­rend sie die Al­gen ei­ner Früh­jahrs­blü­te ab­baut “, sagt Han­no Tee­ling. Spe­zia­li­sier­te Bak­te­ri­en­grup­pen be­glei­ten ver­schie­de­ne Pha­sen der Blü­te und bau­en nach und nach ei­nen Groß­teil der Al­gen­bio­mas­se ab. „Die nun vor­lie­gen­de Stu­die zeigt: Es scheint da­bei weit we­ni­ger be­deut­sam zu sein als wir dach­ten, wel­che Al­gen ge­ra­de ihre Blü­te­zeit ha­ben. In ver­schie­de­nen Jah­ren kön­nen un­ter­schied­li­che Al­gen­ar­ten die Früh­jahrs­blü­te do­mi­nie­ren“, er­klärt Bern­hard Fuchs. „Aber trotz­dem ha­ben wir stets eine ähn­li­che Ab­fol­ge der vor­herr­schen­den Bak­te­ri­en­grup­pen be­ob­ach­tet.“

Schema Diatomeen
Schema Diatomeen (M.Schlösser: Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie)
Of­fen­sicht­lich sind also nicht die Al­gen selbst, son­dern vor al­lem de­ren Be­stand­tei­le – al­len vor­an die so­ge­nann­ten Mehr­fach­zu­cker oder Po­ly­sac­cha­ri­de – ent­schei­dend da­für, wel­che Bak­te­ri­en sich vor­ran­gig ver­meh­ren. „So ist es mög­lich, dass Jahr für Jahr die glei­chen Bak­te­ri­en auf­tau­chen, auch wenn die Früh­jahrs­blü­te der Al­gen ganz un­ter­schied­lich aus­fällt“, so Fuchs. Ein Bei­spiel: Zwi­schen 2009 und 2011 wa­ren Kie­sel­al­gen die häu­figs­ten Al­gen in der Früh­jahrs­blü­te, wäh­rend 2012 Si­li­kof­la­gel­la­ten der Gat­tung Chat­to­nella vor­herrsch­ten. Trotz­dem war die wäh­rend der Blü­ten auf­tre­ten­de Bak­te­ri­en­ge­mein­schaft sehr ähn­lich, ins­be­son­de­re in­ner­halb der Grup­pe der so­ge­nann­ten Flav­o­bak­te­ri­en, de­nen ver­mut­lich eine Schlüs­sel­rol­le beim Ab­bau von Al­gen­po­ly­sac­cha­ri­den zu­kommt. So do­mi­nier­ten bei­spiels­wei­se wäh­rend al­ler vier Stu­di­en­jah­re Flav­o­bak­te­ri­en der Gat­tun­gen Polaribacter und Formosa.

Und nicht nur die Bak­te­ri­en­grup­pen zei­gen im­mer glei­che Mus­ter. „Als wir ei­nen ge­nau­en Blick dar­auf war­fen, wo­für die un­ter­su­chen Gene ei­gent­lich ver­ant­wort­lich sind, wur­de deut­lich: Es ist im­mer eine ähn­li­che zeit­li­che Ab­fol­ge von Ge­nen, die den Ab­bau be­stimm­ter Po­ly­sac­cha­ri­de re­geln“, sagt Han­no Tee­ling. „Das deu­tet dar­auf hin, dass un­ter­schied­li­che Al­gen in der Früh­jahrs­blü­te ähn­li­che oder so­gar die glei­chen Po­ly­sac­cha­ri­de ha­ben.“
 

Neue Teile im Kohlenstoffpuzzle

Im nächs­ten Schritt wol­len die Bre­mer For­scher den­je­ni­gen bak­te­ri­el­len En­zy­men auf den Zahn füh­len, die die­se Po­ly­sac­cha­ri­de ab­bau­en. Wel­che En­zy­me grei­fen wel­che Al­gen­po­ly­sac­cha­ri­de an? Wie ma­chen sie das? „Dar­aus kön­nen wir ab­lei­ten, wel­che die wich­tigs­ten Al­gen­po­ly­sac­cha­ri­de sind“, er­läu­tert Ru­dolf Amann. „Und mit die­ser In­for­ma­ti­on kön­nen wir dann ei­nen wei­te­ren Puz­zleste­in in un­se­rem Ver­ständ­nis des Koh­len­stoff­kreis­laufs des Mee­res er­gän­zen.“

Copyright: Naomi Halbach
Blick auf Helgoland
 

Ori­gi­nal­ver­öf­fent­li­chung:

Recurring patterns in bacterioplankton dynamics during coastal spring algae blooms
Han­no Tee­ling, Bern­hard Fuchs, Chris­tin Ben­n­ke, Ka­ren Krü­ger, Meg­han Cha­fee, Lenn­art Kap­pel­mann, Gre­ta Reint­jes, Jost Wald­mann, Chris­ti­an Quast, Frank Oli­ver Glöck­ner, Ju­dith Lu­cas, Ant­je Wi­chels, Gun­nar Gerdts, Ka­ren Wiltshire, Ru­dolf Amann

Kon­tak­te:
Dr. Han­no Tee­ling / 0421 2028 976 / hteeling@mpi-bremen.de
PD Dr. Bern­hard Fuchs / 0421 2028 935 / bfuchs@mpi-bremen.de
Prof. Dr. Ru­dolf Amann / 0421 2028 930 / ra­mann@mpi-bre­men.de

 

Be­tei­lig­te In­sti­tu­te

Max-Planck-In­sti­tut für Ma­ri­ne Mi­kro­bio­lo­gy, Bre­men
Al­fred-We­ge­ner-In­sti­tut für Po­lar- und Mee­res­for­schung, Hel­go­land und List auf Sylt

 

Rück­fra­gen bit­te an:

Pressereferentin

Dr. Fanni Aspetsberger

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

1345

Telefon: 

+49 421 2028-9470

Dr. Fanni Aspetsberger
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