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07.12.2010 Koh­len­stoff­trans­port im Meer

Auf die Grö­ße kommt es an: Das über­ra­schen­de Ver­hal­ten po­rö­ser Flo­cken
 

Kohlenstofftransport im Meer
Auf die Größe kommt es an: Das überraschende Verhalten poröser Flocken

Bre­men, 7.12.2010

Im Rah­men ei­ner Un­ter­su­chung von Trans­port­pro­zes­sen im Meer sind For­scher des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie aus Bre­men ge­mein­sam mit ei­nem US-ame­ri­ka­ni­schen Kol­le­gen vom Massachusetts Institute of Technology auf ei­nen in­ter­es­san­ten Ef­fekt ge­sto­ßen, der die Bi­lan­zie­rung des Koh­len­stoff­trans­ports we­sent­lich be­ein­flus­sen könn­te. Die Wis­sen­schaft­ler in­ter­es­sier­te, wie schnell ab­ge­stor­be­nes or­ga­ni­sches Ma­te­ri­al in Form von Flo­cken im Oze­an ver­sinkt. Da die­se Flo­cken von Mi­kro­or­ga­nis­men be­sie­delt sind, die wäh­rend des Ab­sin­kens ei­nen Teil des Ma­te­ri­als zu Koh­len­di­oxid zer­set­zen, be­stimmt die Sink­ge­schwin­dig­keit die Men­ge Koh­len­stoff, die die Tief­see er­reicht und über gro­ße Zeit­räu­me ge­spei­chert wird. Über ihre Er­geb­nis­se be­rich­ten sie jetzt in den Pro­cee­dings of the Na­tio­nal Aca­de­my of Sci­ence (DOI: 10.1073/​pnas.1012319108).

Ähn­lich wie Schwäm­me ent­hal­ten die Flo­cken (ma­ri­ne Ag­gre­ga­te) im Oze­an nur ei­nen sehr ge­rin­gen Fest­stoff­an­teil und be­ste­hen häu­fig zu über 95% ih­res Vo­lu­mens aus Was­ser. Zu­dem sind die Was­ser­mas­sen der Ozea­ne in Ab­hän­gig­keit von Tem­pe­ra­tur und Salz­ge­halt ge­schich­tet, d.h. die Was­ser­dich­te steigt mit der Was­ser­tie­fe an. Durch ihre hohe Po­rö­si­tät, d.h. durch den ho­hen An­teil leich­ten Ober­flä­chen­was­sers, kön­nen Flo­cken in die­sen Schich­tun­gen auf­ge­hal­ten wer­den, bis ihre Dich­te, durch Aus­tausch der in den Po­ren ge­spei­cher­ten Flüs­sig­kei­ten, groß ge­nug wird, um wei­ter ab­zu­sin­ken.
Dr. Kindler vom Max-Planck-Institut be­tont, dass die­ser Ef­fekt bis­her weit­ge­hend ver­nach­läs­sigt wur­de, ob­wohl er seit ei­ni­gen Jah­ren als Er­klä­rung für un­ge­wöhn­lich scharf be­grenz­te An­samm­lun­gen von Flo­cken, die in der Na­tur zu be­ob­ach­ten sind, dis­ku­tiert wur­de.
Porous Particle
Abbildung: So sehen die porösen Flocken aus: Aquatisches Aggregat vom Bodensee von einem Zentimeter Durchmesser. Mit freundlicher Genehmigung von Hans-Peter Grossart, IGB, Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei.
Wie in die­ser Stu­die durch eine Kom­bi­na­ti­on von La­bor­ex­pe­ri­men­ten und ma­the­ma­ti­scher Mo­del­lie­rung jetzt zum ers­ten Mal ge­zeigt wer­den konn­te, ist der Ef­fekt wahr­schein­lich weit wich­ti­ger als bis­her an­ge­nom­men. Da die Flo­cken nicht durch­strömt wer­den und die An­pas­sung des ge­spei­cher­ten Was­sers an die Um­ge­bungs­flüs­sig­keit im We­sent­li­chen durch Dif­fu­si­on er­folgt, gilt: Je grö­ßer die Flo­cke, umso län­ger wird sie an der Zwi­schen­schicht auf­ge­hal­ten.
Prof. Arzhang Khalili vom Max-Planck-In­sti­tut sagt: ”Dem­entspre­chend ha­ben gro­ße Flo­cken wahr­schein­lich eine viel hö­he­re Ver­weil­zeit in Be­rei­chen, in de­nen sie von Mi­kro­or­ga­nis­men ab­ge­baut wer­den kön­nen, als bis­her an­ge­nom­men. Die­se neu­en Er­kennt­nis­se müs­sen in Zu­kunft be­rück­sich­tigt wer­den, um den Koh­len­stoff­trans­port im Oze­an rea­lis­tisch zu be­schrei­ben, bzw. zu mo­del­lie­ren.“ „Je in­ten­si­ver wir uns mit kleinska­li­gen Phä­no­me­nen be­schäf­ti­gen, des­to mehr ent­de­cken wir, dass sie die ent­schei­den­den Pro­zes­se im Oze­an steu­ern. Die Chan­cen ei­ner nach­hal­ti­gen Nut­zung der Ozea­ne hän­gen da­von ab, wie gut wir die­se Pro­zes­se ver­ste­hen,“ sagt Prof.Roman Stocker vom Mas­sa­chu­setts In­sti­tu­te of Tech­no­lo­gy.

Manfred Schlösser

Rückfragen an:
Prof. Dr. Arz­hang Kha­li­li
Max-Planck-In­sti­tut für Ma­ri­ne Mi­kro­bio­lo­gie, Cel­si­us­str. 1, D-28359 Bre­men
E-Mail: ak­ha­li­li@mpi-bre­men.de
Tel.: +49 (0)421 2028 - 636

Pro­fes­sor of Com­pu­ta­tio­nal Sci­ence
Ja­cobs Uni­ver­si­ty Bre­men
School of En­gi­nee­ring & Sci­ence
Life Sci­en­ces
E-Mail: a.kha­li­li@ja­cobs-uni­ver­si­ty.de
Tel.: +49 421 200-3256




und an die Pres­se­spre­cher:
Dr. Man­fred Schlös­ser und Dr. Anja Kamp
Max-Planck-In­sti­tut für Ma­ri­ne Mi­kro­bio­lo­gie, Cel­si­us­str. 1, D-28359 Bre­men
mschloes@mpi-bre­men.de
Te­le­fon: +49 (0)421 2028 - 704
Fax: +49 (0) 421 2028 - 790


Originalartikel:
„Dif­fu­si­on-li­mi­ted re­ten­ti­on of po­rous par­ti­cles at den­si­ty in­ter­faces“ by Kol­ja Kind­ler, Arz­hang Kha­li­li, and Ro­man Sto­cker (2010). DOI:10.1073/​pnas.1012319108.

Beteiligte Institute:
Abteilung Biogeochemie, Max-Planck-In­sti­tut für Ma­ri­ne Mi­kro­bio­lo­gie, Bre­men
Earth & Space Sciences Program, Jacobs University Bremen, Bremen
Department of Civil and Environmental Engineering, Mas­sa­chu­setts In­sti­tu­te of Tech­no­lo­gy, Cam­bridge, MA, USA
 
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