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Mi­kro(ben)zen­sus im Meer

Das Meer be­her­bergt eine schwer vor­stell­ba­re Zahl an „un­sicht­ba­ren“ Mi­kro­or­ga­nis­men.
 
Das Meer be­her­bergt eine schwer vor­stell­ba­re Zahl an „un­sicht­ba­ren“ Mi­kro­or­ga­nis­men. Schät­zun­gen ge­hen von 10 hoch 29 bis 10 hoch 30 Zel­len aus. Mit ih­ren au­ßer­ge­wöhn­li­cher Fä­hig­kei­ten be­ein­flus­sen sie die Bio­sphä­re und auf die glo­ba­len Stoff­kreis­läu­fe ent­schei­dend. Um zu­nächst ei­nen Über­blick über Ar­ten­reich­tum und Po­pu­la­ti­ons­grö­ßen der Mee­res­be­woh­ner zu be­kom­men, schlos­sen sich For­scher im in­ter­na­tio­na­len Pro­jekt "International Census of Marine Microbial Life" (ICoMM) zu­sam­men. Jetzt tra­fen sich im Bre­mer Max-Planck-In­sti­tut für ma­ri­ne Mi­kro­bio­lo­gie Ex­per­ten aus den USA, Spa­ni­en, Dä­ne­mark, den Nie­der­lan­den und Deutsch­land, um sich auf die Ent­wick­lung und den Ein­satz der dazu not­wen­di­gen Tech­ni­ken zu ei­ni­gen.
Die Tech­no­lo­gie-Spe­zia­lis­ten der ICoMM-Grup­pe . Vlnr.: Gui­sep­pe DÀuria, John Hei­del­berg, Mi­cha­el Kühl, Ru­dolf Amann, Frank Oli­ver Glöck­ner, Mit­chell L. So­gin , Eric Ma­thur und Jan De­Lee­uw.
Das gro­ße Pro­blem bei ei­nem sol­chen „Mi­kro­ben­zen­sus“ ist, dass man bis­her erst ei­nen klei­nen Teil der Mee­res­mi­kro­or­ga­nis­men kennt, da sie sich durch gän­gi­ge Ver­meh­rungs­me­tho­den nur schwer iden­ti­fi­zie­ren las­sen. Hier hilft den Mee­res­bio­lo­gen heu­te, wie auch in der Ge­richts­me­di­zin, der ge­ne­ti­sche Fin­ger­ab­druck wei­ter. Ein wei­te­res Pro­blem ist die ge­rin­ge Grö­ße der Mi­kro­or­ga­nis­men. Sie sind nicht ein­fach zu zäh­len und nur mit be­son­de­ren Fär­be­me­tho­den las­sen sie sich un­ter dem Mi­kro­skop un­ter­schei­den. Ge­ra­de die­ses Pro­blem ist am Bre­mer Max-Planck-In­sti­tut gut auf­ge­ho­ben. In den letz­ten Jah­ren ent­wi­ckel­ten die Bre­mer For­scher mit der Fluo­res­zenz-in situ Hy­bri­di­sie­rung eine schnel­le Tech­nik, mit der es mög­lich ist, ein­zel­ne Ar­ten auch ohne Vor­wis­sen schnell und ex­akt zu quan­ti­fi­zie­ren. Da­bei ma­chen sie sich die Un­ter­schie­de in den Gen­se­quen­zen der Mi­kro­or­ga­nis­men zu­nut­ze.

Die Viel­falt der Or­ga­nis­men und Ha­bi­ta­te, die das of­fe­nen Meer ge­nau­so wie Küs­ten­re­gio­nen, den Was­ser­kör­per eben­so wie die den Mee­res­bo­den, die Ober­flä­che und die Tief­see mit ih­ren hei­ßen Quel­len um­fasst, er­for­dert für ein Pro­jekt die­ser Grö­ße eine in­ter­na­tio­na­le Zu­sam­men­ar­beit. Um die­se ers­te gro­ße Volks­zäh­lung der Mi­kro­ben so ef­fek­tiv wie mög­lich zu ge­stal­ten, müs­sen die er­ho­be­nen Da­ten ver­gleich­bar sein. Bei ih­rem Tref­fen in Bre­men dis­ku­tier­ten die For­scher da­her vor al­lem, wel­che Rah­men­da­ten mit den Zäh­lun­gen er­ho­ben wer­den sol­len, was da­für an Meß­me­tho­den zur Ver­fü­gung steht und wel­che Me­tho­den ak­tu­ell die bes­ten Er­geb­nis­se ver­spre­chen. In­ter­es­sant da­bei ist, dass die Tech­nik der Ge­nom­se­quen­zie­rung in­zwi­schen auch im Meer an­ge­kom­men ist. Der Lei­ter der Grup­pe, Prof. Dr. Ru­dolf Amann vom Bre­mer Max-Planck-In­sti­tut, ist op­ti­mis­tisch. “Die­se ers­te gro­ße Zäh­lung der ma­ri­nen Mi­kro­or­ga­nis­men ist eine ech­te Her­aus­for­de­rung. Dazu brau­chen wir vie­le Ex­per­ten aus den ver­schie­dens­ten Ge­bie­ten. Ge­ra­de heu­te ist aber durch die gro­ße in­ter­na­tio­na­le Auf­merk­sam­keit, die ge­ra­de auch die jüngs­te „Le­t’s se­quence the oce­an“-Ak­ti­vi­tä­ten von Craig Ven­ter der Mee­res­bio­lo­gie ge­bracht ha­ben, die Zeit reif für die Um­set­zung ei­nes sol­chen Groß­pro­jekts. Wir er­war­ten uns vom Mi­ko­ben­zen­sus im Meer ent­schei­den­de Da­ten für ein bes­se­res Ver­ständ­nis des Sys­tems Erde.“

Fi­nan­zi­el­le Un­ter­stüt­zung für die ers­te Pha­se der in­ter­na­tio­na­len Ver­net­zung kommt aus den USA. Die pri­va­te Sloan-Foundation un­ter­stützt die Bil­dung von For­schungs­al­li­an­zen noch bis 2006.


Man­fred Schlös­ser
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