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Entdeckung eines ungewöhnlichen Proteins

29.11.2019

Wissenschaftler aus Bremen entdeckten ein ungewöhnliches Protein, das eine bedeutende Rolle im Stickstoffkreislauf der Erde spielt. Das neue Zytochrom, das eine Häm-Gruppe enthält, ist am Anammox-Prozess beteiligt: Dieser produziert rund die Hälfte des Stickstoffs der Atmosphäre und ist wichtig für die Regulierung von Treibhausgasen.

Einer der Bioreaktoren, mit denen Kartal und sein Team Zellen von K. stuttgartiensis im Labor wachsen ließen. Anammox-Bakterien sind mit diesen Proteinen voll gepackt. Dazu gehören auch die Enzyme, die wichtige Reaktionen des Anammox-Prozesses durchführen und die Zellen auffällig rot färben. (© Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Boran Kartal )
Einer der Bioreaktoren, mit denen Kartal und sein Team Zellen von K. stuttgartiensis im Labor wachsen ließen. Anammox-Bakterien sind mit diesen Proteinen voll gepackt. Dazu gehören auch die Enzyme, die wichtige Reaktionen des Anammox-Prozesses durchführen und die Zellen auffällig rot färben. (© Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Boran Kartal )

Stickstoff ist ein wesentlicher Bestandteil des Lebens. Er wird zum Beispiel für die Herstellung von Proteinen benötigt.

Boran Kartal, Leiter der Forschungsgruppe Mikrobielle Physiologie am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, untersucht Mikroorganismen, die die Verfügbarkeit dieser lebenswichtigen Ressource für Pflanzen und Tiere beeinflussen.

Ein besonders spannender Teil des Stickstoff-Kreislaufs ist dabei der sogenannte Anammox-Prozess. Anammox ist eine Abkürzung und bedeutet anaerobe Ammoniumoxidation. Durch diesen Prozess werden Nitrit oder Stickoxid und Ammonium direkt in molekularen Stickstoff (N2) umgewandelt.

Kartal und seine Kolleginnen und Kollegen haben jetzt ein Protein entdeckt, das am Anammox-Prozess beteiligt ist und das einige Überaschungen birgt. Ihre Ergebnisse erscheinen in der Novemberausgabe des Journal of Biological Chemistry.

Zu ungewöhnlich, um entdeckt zu werden

Dieses neu entdeckte Protein ist ein Zytochrom, das Häm enthält. Es ist an der Umwandlung von Ammonium und Stickoxid in Hydrazin beteiligt ist. „Häm-Proteine sind generell sehr wichtig für unser Leben, beispielsweise das Hämoglobin in unserem Blut, das Sauerstoff transportiert. Häm-Strukturen gleichen zumeist einem Spinnennetz mit einem Eisen-Atom als Mittelpunkt. Ein Blick auf den Stammbaum des Lebens zeigt, dass dieses Spinnennetz eigentlich immer mit einer Struktur aus fünf Aminosäuren an den Rest des Proteins gebunden ist“, erläutert Kartal. „Doch überraschenderweise gilt das nicht für das Protein, das wir entdeckt haben. Dieses hat nämlich eine sehr ungewöhnliche Struktur: Es formt dieses Muster mit nur vier Aminosäuren und wurde deshalb bisher übersehen.“

Weniger Treibhausgase

Das neu entdeckte Protein steht im Mittelpunkt des sehr spannenden und bedeutsamen Anammox-Prozesses. Die hieran beteiligten Bakterien wandeln Nitrit oder Stickoxid (NO) und Ammonium in unschädlichen, elementaren Stickstoff (N2) um, wie Kartal kürzlich zeigte. Damit unterscheiden sie sich klar von einer Vielzahl anderer Mikroorganismen, die aus NO stattdessen das Treibhausgas Lachgas (N2O) produzieren.

So ist jedes Molekül Stickoxid, das nicht in Lachgas, sondern in elementaren Stickstoff umgewandelt wird, ein Molekül weniger, das zum Klimawandel beiträgt. Anammox Bakterien reduzieren folglich die Menge an verfügbarem Stickoxid für die Lachgas-Produktion und verringern die Menge an freigesetzten Treibhausgasen.  

Mehr über Anam­m­ox

Anammox, kurz für anaerobe Ammoniumoxidation, ist ein weltweit bedeutsamer mikrobieller Teil des Stickstoffkreislaufs. Er findet in vielen natürlichen und menschgemachten Lebensräumen statt. Nitrit- und Ammoniumionen werden dabei direkt in molekularen Stickstoff (N2), Wasser und Nitrat umgewandelt.

Anammox verantwortet etwa die Hälfte der im Meer produzierten Menge an N2. Dadurch entfernt es große Mengen an Stickstoff aus dem Meer, der dann nicht mehr von anderen Organismen genutzt werden kann. So kann Anammox die Primärproduktion im Meer kontrollieren.

Der Anammox-Prozess ist auch für die Abwasserbehandlung interessant. Stickstoffverbindungen mit Hilfe von Anammox-Bakterien zu entfernen ist deutlich kostengünstiger als herkömmliche Verfahren und es wird weniger Treibhausgas CO2 dabei freigesetzt.

Ein überraschend gewöhnliches Muster

In Anbetracht dieser Relevanz gingen Kartal und seine Kolleginnen und Kollegen einen Schritt weiter: Sie durchforsteten Datenbanken, um herauszufinden, wie verbreitet Proteine mit dieser neu entdeckten Struktur in der Natur sind. „Dieses Muster kommt bemerkenswert oft vor“, sagt Kartal. Proteine mit der Vier-Amonisäure-Struktur gibt es in vielen unterschiedlichen Mikroorganismen quer durch die Welt der Bakterien und der Archaea. „Wir haben es in vielen verschiedenen mikrobiellen Gruppen gefunden, etwa bei Bakterien, die sich von Methan ernähren, und bei solchen, die Metalle abbauen“, so Kartal weiter.

Das ganze Potenzial von Proteinen mit der Vier-Aminosäure-Struktur ist noch gar nicht erforscht. „In Anammox-Bakterien steckt es in einem Protein, das Elektronen hin- und herbewegt“, sagt Kartal. „In anderen Organismen verleiht es dem Protein, in das es eingebunden ist, möglicherweise ganz besondere Eigenschaften. Dies ist auf jeden Fall ein sehr spannender Ansatz für die weitere Forschung.“  

Originalveröffentlichung:

Beteiligte Institutionen:

Rückfragen bitte an:

Gruppenleiter

Forschungsgruppe Mikrobielle Physiologie

Dr. Boran Kartal

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

3126

Telefon: 

+49 421 2028-6450

Dr. Boran Kartal

Pressereferentin

Dr. Fanni Aspetsberger

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Raum: 

1345

Telefon: 

+49 421 2028-9470

Dr. Fanni Aspetsberger
 
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