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27.01.2014 Rät­sel­haf­tes Me­than

Na­tu­re Geo­sci­ence Stu­die ent­hüllt
bio­geo­che­mi­schen Me­cha­nis­mus im Mee­res­bo­den
 
Rätselhaftes Methan

Nature Geoscience Studie enthüllt
biogeochemischen Mechanismus im Meeresboden

In ei­ner Stu­die, die ges­tern vor­ab on­line im Fach­ma­ga­zin Na­tu­re Geo­sci­ence er­schien, sind Bre­mer Mee­res­for­scher ge­mein­sam mit ei­nem US-Kol­le­gen ei­nem bis­lang un­ge­lös­ten Rät­sel im Mee­res­bo­den auf die Spur ge­kom­men. Das Team weist nach, war­um Me­than in man­chen Schich­ten des Mee­res­bo­dens eine un­ge­wöhn­li­che Iso­to­pen­si­gna­tur zeigt. Der jetzt ent­deck­te bio­geo­che­mi­sche Vor­gang könn­te auch für an­de­re Um­satz­pro­zes­se im Meer von Be­deu­tung sein.

Als Bre­mer Wis­sen­schaft­ler des MA­RUM und des Max-Planck-In­sti­tuts für Ma­ri­ne Mi­kro­bio­lo­gie kürz­lich Iso­to­pen­ge­hal­te von Me­than aus welt­wei­ten Mee­res­ab­la­ge­run­gen ein­ge­hen­der un­ter­such­ten, stie­ßen sie im­mer wie­der auf ein selt­sa­mes Phä­no­men: Dort, wo Mi­kro­or­ga­nis­men mit Hil­fe von Sul­fat im Mee­res­bo­den Me­than ver­brau­chen, blieb im rest­li­chen Me­than nicht wie er­war­tet schwe­rer Koh­len­stoff-13 zu­rück, son­dern leich­ter Koh­len­stoff-12. „Die­ser Be­fund wur­de bis dato als kla­res Zei­chen für eine bio­lo­gi­sche Me­than­bil­dung in­ter­pre­tiert“, er­klärt Mar­cos Yo­shi­na­ga, Er­st­au­tor der Na­tu­re Geo­sci­ence-Stu­die, der bis vor kur­zem am MA­RUM tä­tig war und sich ak­tu­ell an der Uni­ver­si­tät von São Pau­lo auf­hält. „Al­ler­dings konn­ten wir uns kei­nen bio­geo­che­mi­schen Pro­zess vor­stel­len, der die­ses bei ak­ti­vem Me­than­ver­brauch un­ter­stüt­zen könn­te“, er­gänzt sein Kol­le­ge Mar­cus El­vert vom MA­RUM. Als Re­gel galt bis­lang näm­lich, dass beim Me­than­ver­brauch durch Oxi­da­ti­on vor­ran­gig das leich­te­re Iso­top Koh­len­stoff-12 um­ge­setzt wird und sich so­mit das schwe­re­re Koh­len­stoff-13 im zu­rück­blei­ben­den Me­than im Mee­res­bo­den an­rei­chert.

Um ihre Be­fun­de zu über­prü­fen, stell­te das For­scher­team die im Mee­res­bo­den ab­lau­fen­den Pro­zes­se im La­bor­ex­pe­ri­ment nach. „Die mi­kro­bio­lo­gi­sche Samm­lung des Max-Planck-In­sti­tuts mit ih­ren welt­weit ein­ma­li­gen Kul­tu­ren me­than­oxi­die­ren­der Mi­kro­or­ga­nis­men bie­tet die Mög­lich­keit, sol­che be­son­de­ren Le­bens­be­din­gun­gen ge­nau nach­zu­bil­den“, sagt Max-Planck-Mi­kro­bio­lo­ge Tho­mas Hol­ler. Und tat­säch­lich: Wenn den Mi­kro­or­ga­nis­men nur sehr we­nig Sul­fat zur Ver­fü­gung stand, blieb in den La­bor­kul­tu­ren, wie auch im Mee­res­bo­den be­ob­ach­tet, Me­than zu­rück, dass mit dem leich­ten Iso­top Koh­len­stoff-12 an­ge­rei­chert war.

Zum Hin­ter­grund: Me­than hat zwei Fa­cet­ten: Das Gas, das aus Koh­len­stoff- und Was­ser­stoff be­steht, dient ei­ner­seits als En­er­gie­trä­ger und ist an­de­rer­seits ein star­kes Treib­haus­gas. Ge­schätzt wird, dass im Oze­an­grund zwi­schen 500 und 10.000 Mil­li­ar­den Ton­nen ge­spei­chert sind. Dass in­des we­ni­ger als zwei Pro­zent des welt­weit in die At­mo­sphä­re frei­ge­setz­ten Me­thans aus dem Mee­res­bo­den stam­men, ist Mi­kro­or­ga­nis­men zu ver­dan­ken, die in sau­er­stoff­frei­en Zo­nen un­ter Ver­wen­dung von Sul­fat Me­than um­set­zen. „Wir ha­ben die­sen Pro­zess un­ter­sucht, in­dem wir die Si­gna­tu­ren sta­bi­ler Iso­to­pe des Me­thans welt­weit ver­gli­chen ha­ben. Da­bei er­kann­ten wir ein un­ge­wöhn­li­ches Iso­to­pen­mus­ter, für das wir kei­ne schlüs­si­ge Er­klä­rung fan­den", sagt John Pohl­man vom US-ame­ri­ka­ni­schen Geo­lo­gi­cal Sur­vey. Sta­bi­le Iso­to­pe ei­nes Ele­ments, wie etwa Koh­len­stoff, ent­hal­ten gleich vie­le Pro­to­nen, un­ter­schei­den sich je­doch in Be­zug auf ihre Neu­tro­nen­zahl und da­mit ihre Mas­se. Zwar zei­gen sie kei­ne Un­ter­schie­de im Ver­hal­ten bei che­mi­schen Re­ak­tio­nen, wohl aber hin­sicht­lich ih­rer Re­ak­ti­ons­ge­schwin­dig­kei­ten, so dass bei bio­geo­che­mi­schen Pro­zes­sen in der Re­gel das leich­te Iso­top Koh­len­stoff-12 be­vor­zugt wird, wäh­rend das schwe­re Iso­top Koh­len­stoff-13 üb­rig bleibt.

Na­tur­ge­mäß woll­ten die Bre­mer For­scher auch die Fra­ge be­ant­wor­ten, war­um sich bei nied­ri­gen Sul­fat­ge­hal­ten leich­ter Koh­len­stoff-12 im Me­than an­rei­chert. Als Er­klä­rung füh­ren sie an, dass die bio­geo­che­mi­sche Re­ak­ti­on nahe am en­er­ge­ti­schen Li­mit für die Exis­tenz von Le­ben ab­läuft. Un­ter sol­chen Be­din­gun­gen be­fin­den sich alle be­tei­lig­ten Stof­fe bei der Re­ak­ti­on na­he­zu im Gleich­ge­wicht. „Auf­grund des­sen lan­det das leich­te Koh­len­stoff-12 wie­der im Me­than“, er­klärt Gun­ter We­ge­ner vom Max-Planck-In­sti­tut. „Die­sen Be­fund konn­ten wir mit Hil­fe un­se­rer bio­geo­che­mi­schen Mo­del­le un­ter­mau­ern und da­mit ein glo­bal vor­han­de­nes Phä­no­men er­klä­ren“, be­stä­tigt To­bi­as Gold­ham­mer vom MA­RUM.

„Un­se­re Stu­die er­mög­licht neue Ein­bli­cke, wie be­stimm­te Ar­chae­en, die un­ter gro­ßem En­er­gie­man­gel tief im Mee­res­bo­den le­ben, ihre Stoff­wech­sel­vor­gän­ge an die­se Be­din­gun­gen an­pas­sen. Da­mit lie­fert sie Ant­wor­ten auf eine der zen­tra­len Fra­gen un­se­res Pro­jekts“, fügt Kai-Uwe Hin­richs hin­zu, der zu­gleich Lei­ter des Pro­jekts DAR­CLI­FE ist, das vom Eu­ro­päi­schen For­schungs­rat ERC ge­för­dert wird. In ei­nem nächs­ten Schritt wol­len die Wis­sen­schaft­ler klä­ren, ob auch an­de­re wich­ti­ge bio­geo­che­mi­schen Pro­zes­se im Mee­res­bo­den, wie etwa die Me­than­bil­dung selbst, durch sol­che Re­ak­tio­nen be­ein­flusst wer­den.
Ein Blick durch das Fluoreszenzmikroskop auf die für die Oxidation von Methan verantwortlichen mikrobiellen Konsortien. Die anaeroben methanoxidierenden (ANME) Archeen (rot) bilden große Aggregate mit Partnerbakterien (grün).
(Zellspezifische Färbung durch Fluoreszenz-In Situ Hybridisierung). Quelle MPIMM
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Publikation:
Mar­cos Y. Yo­shi­na­ga, Tho­mas Hol­ler, To­bi­as Gold­ham­mer, Gun­ter We­ge­ner, John W. Pohl­man, Ben­ja­min Brun­ner, Mar­cel M. M. Kuy­pers, Kai-Uwe Hin­richs, Mar­cus El­vert: Car­bon iso­to­pe equi­li­bra­ti­on du­ring sulp­ha­te-li­mi­ted an­ae­ro­bic oxi­da­ti­on of me­tha­ne; in Na­tu­re Geo­sci­ence Ad­van­ced On­line Pu­bli­ca­ti­on.
Sie­he: http://​www.na­tu­re.com/​ngeo/​jour­nal/​vaop/​ncur­rent/​full/​ngeo2069.html
 
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