- Presse
- Pressemeldungen 2021
- Stickstoff im frühen Ozean - unterschätzte Bakterien treten ins Rampenlicht
Stickstoff im frühen Ozean - unterschätzte Bakterien treten ins Rampenlicht
Stickstoff ist unverzichtbar für alle Lebensformen: Er ist Teil von Eiweißen, Nukleinsäuren und anderen Zellstrukturen. Deswegen war es auf der frühen Erde von großer Bedeutung für die Entwicklung des Lebens, Stickstoff aus der Atmosphäre nutzen zu können. Wer damals aber diese sogenannte Stickstofffixierung durchgeführt hat, und mit Hilfe welchen Enzyms, ist bisher nicht geklärt. Nun zeigen Forschende des Bremer Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie, dass unter ähnlich kargen Bedingungen wie im proterozoischen Ozean eine bislang unterschätzte Bakteriengruppe sehr effizient Stickstoff fixieren kann.
Ein „kleiner Ur-Ozean“ in den Schweizer Alpen
Da der proterozoische Ozean nun einmal nicht mehr für direkte Untersuchungen zur Verfügung steht, nutzten die Forschenden um Miriam Philippi und Katharina Kitzinger vom Bremer Max-Planck-Institut einen vergleichbaren Lebensraum: den Schweizer Alpensee Lago di Cadagno. Anders als die meisten anderen Seen ist der Lago di Cadagno stabil geschichtet, die oberen und unteren Wasserschichten mischen sich also nicht. In der Übergangsregion zwischen der oberen, sauerstoffhaltigen und der unteren, sauerstofffreien und sulfidhaltigen Schicht leben Schwefelpurpurbakterien. Sie kommen ohne Sauerstoff aus, betreiben Photosynthese und oxidieren Schwefel. „Der Fund von Fossilien dieser Gruppe von Mikroorganismen weist darauf hin, dass sie schon vor mindestens 1,6 Milliarden Jahren, also im Proterozoikum, auf unserer Erde lebten“, so Erstautorin Philippi. „Wir haben es bei diesem See und mit diesen Bakterien also mit einem System zu tun, das viele Gemeinsamkeiten mit dem frühen Ozean hat.“ Deshalb eignet sich dieser auch so gut, um mehr über die Prozesse auf der frühen Erde zu erfahren.
Schwefelpurpurbakterien fixieren Stickstoff
Mit einer Kombination aus biogeochemischen und molekularen Analysen entdeckten Philippi und ihre Kolleginnen und Kollegen, dass die Schwefelpurpurbakterien sehr effizient Stickstoff fixieren. Stickstofffixierung ist die Umwandlung von wenig reaktionsfreudigem Stickstoffgas aus der Atmosphäre zu Stickstoffverbindungen, die auch andere Organismen nutzen können, zum Beispiel Algen. „Soweit wir wissen, ist das der erste Nachweis von Stickstofffixierung durch in der Umwelt lebende Schwefelpurpurbakterien“, erklärt Mitautorin Katharina Kitzinger. „Wir stellten fest, dass sie dazu das heutzutage am weitesten verbreitete Enzym, die Molybdän-Nitrogenase, nutzen. Obwohl dieses Enzym nicht selten ist, waren wir sehr überrascht, es im Cadagno-See zu finden.“ Denn dort gibt es äußerst wenig Molybdän im Wasser – genauso wie im proterozoischen Ozean. Deswegen nahm man an, dass auf der frühen Erde Nitrogenasen ohne Molybdän vorherrschten. „Die Molybdän-Nitrogenase funktioniert also auch bei niedrigen Konzentrationen von Molybdän ganz hervorragend.“
„Wir liefern damit den ersten Hinweis, dass Schwefelpurpurbakterien für die Stickstofffixierung im frühen Ozean mitverantwortlich gewesen sein könnten“, so Philippi weiter. „Bisher wurde zumeist angenommen, dass Cyanobakterien den Großteil der Stickstofffixierung ausführten. Nun zeigen wir, dass die Rolle der Schwefelpurpurbakterien in diesem Prozess unterschätzt wurde.“
Originalveröffentlichung
Beteiligte Institutionen
Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen, Deutschland
Department für Umweltsystemwissenschaften, ETH-Zürich, Zürich, Schweiz
Labor für Angewandte Mikrobiologie, Departement für Umwelt, Bau und Gestaltung, Fachhochschule Südschweiz (SUPSI), Bellinzona, Schweiz
Eawag, Eidgenössisches Institut für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz, Dübendorf und Kastanienbaum, Schweiz
Rückfragen bitte an:
Pressereferentin
MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen
Raum: |
1345 |
Telefon: |