Benthische Kammern
Was ist eine Benthische Kammer?
Der Begriff „Benthisch“ stammt von dem altgriechischen Wort „Benthos“, das die Bodenzone eines Gewässers bezeichnet. Die Bodenzone bildet im Meer (und allen anderen Gewässern) die Grenze zwischen zwei sehr wichtigen Bereichen: Dem Wasser und dem Sediment. Auch wenn diese beiden Bereiche sehr unterschiedlich sind, müssen sie zusammen betrachtet werden, um das heterogene Ökosystem im Ozean zu verstehen. So ist der Meeresboden als Nahtstelle zwischen Boden und Wasser eine der wichtigsten Übergangsbereiche für den Austausch gelöster Substanzen, zum Beispiel von Nährstoffen genauso wie von Sauerstoff oder Methan.
Eine Benthische Kammer ermöglicht vor Ort am Meeresboden die Messungen der Austauschraten dieser Stoffe zwischen dem Boden und der Wassersäule. Gemessen wird im Raum (also welche Stoffe gehen in welcher Menge wohin) sowie die Dauer (wie lange dauert der Austauschprozess). Diese Messungen umfassen alle relevanten Transportprozesse gelöster Stoffe wie Diffusion, Advektion und den Transport, der über Tiere läuft.
Wie funktioniert eine Benthische Kammer?
Unsere Benthischen Kammern bestehen aus einem festen Rahmen, an dem folgende Geräte befestigt sind: ein bis zwei Titan-Zylinder, eine runde Kammer aus Plexiglas und ein Probennehmer mit fünf Spritzen sowie eine Injektionsvorrichtung. Der oder die Titan-Zylinder beinhalten die Elektronik, einen Computer zur Datensammlung, die Kontrollvorrichtung für die Spritzen und zwei Sensoren-Verstärker.
Die Daten werden dann in situ – also direkt am Meeresboden – erhoben. Autonome Unterwasserfahrzeuge transportieren die Benthischen Kammern an den vorgesehenen Ort zur Probenentnahme. Anschließend wird die Kammer ein Stück weit in den Meeresboden eingefahren, bis sie einerseits mit Sediment und andererseits mit Bodenwasser gefüllt ist. Ein Einwegventil am Deckel der Kammer setzt den Wasserüberschuss frei, der durch das Einsetzen der Kammer ins Sediment verursacht wird, so dass das Gerät möglich sanft platziert wird. Der Beginn der Messungen erfolgt, wenn sich die Sedimentwolken, die durch das Einsetzen der Geräte verursacht werden, gelegt haben und alles wieder ruhig ist.
Im Folgenden werden die Änderungen der Konzentrationen der gelösten Stoffe in Sediment und Wasser ständig gemessen, um so einen Zeitverlauf zu erhalten. Die Spritzen am Gerät ermöglichen es, den Austausch bestimmter gelöster Stoffe zu verfolgen, etwa von Sauerstoff oder Methan. Dafür werden mit den Spritzen Wasserproben aus dem umliegenden Wasser genommen und über Schläuche und die Injektionsvorrichtung in die Kammer geleitet. In der Kammer können die Konzentrationen von chemischen Elementen genauso wie der pH-Wert kontinuierlich gemessen werden. Möglich machen dies Sensoren, die am Deckel der Kammer angebracht sind. Der Anteil anderer Bestandteile, wie Nährstoffe, wird durch wiederholtes Messen innerhalb eines definierten Zeitabschnitts im eingeschlossenen Wasser erhoben. Diese Proben und Sensormesswerte, die während der Inkubationsperiode aufgenommen wurden, ermöglichen die Bewertung der Gesamtflüsse und der Transportraten zwischen Boden und Wasser.
Die Benthische Kammer im Einsatz
Die Benthischen Kammern werden zum Beispiel eingesetzt in dem JPIO Projekt MiningImpact2 „Umweltauswirkungen und Risiken des Tiefseebergbaus“ sowie im Projekt BENTHIMPACT „Auswirkungen von Manganknollen-Abbau auf benthische Megafauna- und Mikroorganismen-Gemeinschaften und ihre Funktionen“.
Im Rahmen dieser Forschungsprojekte reisen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter anderem immer wieder in das so genannte DISCOL-Gebiet im tropischen Ostpazifik, etwa 3000 Kilometer vor der Küste Perus. Dort hatten im Jahr 1989 deutsche Forschende in einem Manganknollengebiet in 4000 Metern Wassertiefe den Meeresboden auf einer Fläche mit gut dreieinhalb Kilometern Durchmesser mit einer Egge umgepflügt, um einen Abbau zu simulieren. Auf einer Ausfahrt im Jahr 2015 (Expedition SO242) wurde zum Beispiel untersucht, ob und wie sich die Häufigkeit, Diversität und Dichte von Mikroorganismen in dem Gebiet nachhaltig verändert hat. Außerdem stand im Fokus, was die Störung langfristig für den Kohlenstoffkreislauf und das Nahrungsnetz dieses Lebensraums bedeutet. Die Benthischen Kammern kamen im Rahmen dieser Untersuchungen zum Einsatz und lieferten wertvolle geochemische Daten. So konnte zum Beispiel gezeigt werden, dass sich die biogeochemischen Bedingungen in dem DISCOL-Gebiet auch immer noch nach 26 Jahren nachhaltig verändert hat.
Eine weitere Ausfahrt in das DISCOL-Gebiet fand 2018 statt. Auch da war der Mikroprofiler wieder mit an Bord. Außerdem reiste das Gerät 2019 mit in die Clarion-Clipperton Zone im Ostpazifik, wo es auch 2021 wieder zum Einsatz kommen soll.
Ergebnisse der Expedition SO242 sind hier nachzulesen:
- Vonnahme T.R., Molari M., Janssen F., Wenzhöfer F., Haeckel M., Titschack T., Boetius A. (2020) Effects of a deep-sea mining experiment on seafloor microbial communities and functions after 26 years. Science Advances. DOI: 10.1126/sciadv.aaz5922
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Daniëlle S.W. de Jonge, Tanja Stratmann, Lidia Lins, Ann Vanreusel, Autun Purser, Yann Marcon, Clara F. Rodrigues, Ascensão Ravara, Patricia Esquete, Marina R. Cunha, Erik Simon-Lledó, Peter van Breugel, Andrew K. Sweetman, Karline Soetaert, Dick van Oevelen (2020): Abyssal food-web model indicates faunal carbon flow recovery and impaired microbial loop 26 years after a sediment disturbance experiment, Progress in Oceanography, October 2020. DOI: 10.1016/j.pocean.2020.102446
Oder auch in Pressemitteilungen:
Technische Details
Maße der zentralen Kammer: Durchmesser von 19 Zentimeter, Höhe zehn bis 20 Zentimeter, umschließt eine Fläche von 284 cm2 mit Bodenwasser
Fassungsvermögen: Vier bis sechs Liter
Elektrochemische Sensoren: Sauerstoff (O2), Schwefelwasserstoff (H2S), pH-Wert
Optischer Sensor: Sauerstoff (O2)
Spritzenproben: Fünf Spritzen mit 50 Milliliter Volumen
Einsatzdauer: maximal 34 Stunden mit einer Tiefseebatterie mit kleiner Kapazität
Einsatztiefe: bis 6.000 Meter
Nutzerinnen und Nutzer
Eingesetzt werden die Benthischen Kammern hauptsächlich von der HGF-MPG Brückengruppe für Tiefsee-Ökologie und -Technologie.
Kontakt
HGF MPG Brückengruppe für Tiefsee-Ökologie und -Technologie
MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen
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1337 |
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Wissenschaftler
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