- Abteilungen
- Abteilung Symbiose
- Forschungsgruppe Metabolische Interaktionen
- News Metabolische Interaktionen
- Den Geheimnissen der Kohlenstoffspeicherung in Küstenökosystemen auf der Spur
Den Geheimnissen der Kohlenstoffspeicherung in Küstenökosystemen auf der Spur
Die weltweite Suche nach Lösungen für den Klimaschutz
Die vom Menschen verursachten Kohlendioxid-Emissionen müssen unbedingt verringert werden. Deswegen ist die Suche nach innovativen Lösungen dafür so wichtig wie noch nie. Wir müssen nicht nur die Freisetzung von Kohlendioxid (CO2) reduzieren. Eine weitere wesentliche Komponente bei der Bekämpfung der Folgen des Klimawandels ist, CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen.
Küstenökosysteme, die weltweit in den Gezeitenzonen zu finden sind, stehen in diesen Bemühungen an vorderster Front. Mangroven in tropischen und subtropischen Regionen, Salzwiesen in den gemäßigten Zonen und die allgegenwärtigen Makroalgen und Seegraswiesen leisten einen wichtigen Beitrag zur Speicherung von Kohlenstoff. Diese Ökosysteme sind in der Lage, erhebliche Mengen an Kohlendioxid in Form von organischem Material zu absorbieren, zu binden und zu speichern, und zwar nicht nur in ihrer Pflanzenmasse, sondern auch in den darunter liegenden Sedimenten und ihrem Porenwasser.
Das Geheimnis der Küstenökosysteme
Küstenökosysteme können Kohlenstoff über längere Zeiträume speichern. In den vorwiegend anaeroben, sauerstoffarmen Sedimenten wird der Kohlenstoff nur langsam abgebaut. Dadurch haben diese Lebensräume ein enormes Potenzial, Kohlenstoff zu speichern. Das macht sie zu unverzichtbaren Kohlenstoffsenken.
Im Rahmen des laufenden sea4soCiety-Projekts untersuchen Forschende, wie effizient Mangrovenwälder, Seegraswiesen, Makroalgen und Salzwiesen Kohlenstoff binden und zurückhalten können. Ein Schwerpunkt ihrer Forschung liegt dabei auf dem Porenwasser und dem darin enthaltenen gelösten organischen Material. Gelöstes organisches Material (DOM), das bei bisherigen Ansätzen zur Kohlenstoffspeicherung oft wenig Beachtung fand, birgt ein enormes Potenzial für die Kohlenstoffbindung. Das ozeanische DOM bildet eines der größten Kohlenstoffreservoirs auf der Erdoberfläche und wird unter sauerstoffarmen Bedingungen, wie sie in Küstenökosystemen herrschen, aufgebaut.
Auf neuen Wegen zur Kohlenstoffspeicherung
Aktuelle Forschungsarbeiten im Rahmen des Projekts haben einen faszinierenden Mechanismus der Kohlenstoffanreicherung unter Seegraswiesen aufgedeckt, wo im Vergleich zum umliegenden Meeresboden deutlich höhere Zuckermengen zu finden sind (Sogin et al., 2022). Polyphenole, die von Seegras produziert werden, verlangsamen die mikrobielle Zersetzung von Zucker und anderen gelösten Stoffen in diesem Lebensraum, verringern deren Umwandlung in CO2 und ermöglichen so deren langfristige Speicherung.
Diese Entdeckungen sind äußerst wichtig, um die Kapazität von Küstenökosystemen für die Kohlenstoffspeicherung zu ermessen und zu ermitteln, welche Faktoren diese Kapazität erhöhen können. Sie bieten einen vielversprechenden Weg, um die CO2-Aufnahme aus der Atmosphäre langfristig zu steigern.
Herausforderungen und innovative Techniken
Besonders schwierig ist bei diesen Untersuchungen der direkte Nachweis von Substanzen oder Metaboliten (Zwischenprodukten oder Produkten von Stoffwechselprozessen) vor Ort (in situ). Eine vielversprechende Methode zur Erforschung der chemischen Vielfalt von Metaboliten im Sediment ist die Verwendung eines neuartigen adsorbierenden Harzes. Wenn dieses Harz für 24 Stunden in durchlässigen Netzen im Sediment vergraben wird, bindet es Substanzen, die später im Labor extrahiert und mittels Flüssigchromatographie und Massenspektrometrie analysiert werden können. Die Anwendung dieser Methode wird das analytische Fenster vergrößern und eine größere Anzahl von Metaboliten erfassen. In Verbindung mit der Metagenomik, die die Analyse biosynthetischer Gencluster in diesen Sedimenten erlaubt, ist es möglich zuzuordnen, welche Mikroben die entsprechenden Metabolite erzeugen.
Das verborgene Potenzial von Küstenökosystemen freilegen
Die ehrgeizige Forschung, die jetzt von der Andreas Rühl Stiftung unterstützt wird, will die umfassenden Möglichkeiten des „metabolomischen Fingerabdrucks“ in den Sedimenten von Küstenökosystemen zu nutzen. Indem wir das innovative Harz, die Metagenomik und die Analyse des Porenwassers kombiniert nutzen, wollen wir die verwobenen Feinheiten der Mechanismen zur Kohlenstoffspeicherung auf molekularer Ebene aufdecken.
Ziel des Projekts ist es, neue Einblicke in die Zusammenhänge bei der Kohlenstoffspeicherung in Seegras- und Salzwassersedimenten in der Nord- und Ostsee sowie im Mittelmeer zu erlangen. Die von der AndreasRühl Stiftung bereitgestellten Mittel in Höhe von 10.000 Euro werden verwendet, um das neuartige Harz zu beschaffen und die Feldarbeit und Beschäftigung von Forschungstaucherinnen und -tauchern zu finanzieren, die die Harznetze ausbringen und einholen.
Neuigkeiten zum Projekt
Jana Geuer und die Doktorandin Bruna Imai sind auf die Insel Elba gereist und haben dort Metabolite aus Seegraswiesen von Posidonia oceanica, einer im Mittelmeer endemischen und weit verbreiteten Seegrasart, gesammelt.
Dank der Andreas Rühl Stiftung konnten die beiden Wissenschaftlerinnen für die Feldforschung ans Mittelmeer reisen, um die von den Seegräsern freigesetzten Stoffe besser zu charakterisieren. Während dieser Exkursion konnten sie Prototypen von Probenehmern testen, mit denen die Netze sicher in die dichte Seegras-Rhizosphäre gebracht werden können. Sie lernten viel über die optimale Durchführung der Probenahme und konnten den Versuchsaufbau im Feld erheblich verbessern und vereinheitlichen. Mit dem Tauchteam von HYDRA Marine Sciences wurden zwei Beprobungsrunden erfolgreich durchgeführt. Mit dem gewonnenen Pflanzenmaterial verschiedener Seegrassegmente werden sie analysieren, wo welche Substanzen vom Seegras hauptsächlich produziert werden und welche Metabolite hauptsächlich in der Rhizosphäre zu finden sind. Porenwasserproben von den Stellen, an denen die Harz-Netze eingebracht wurden, erweitern die Analysen. Die ersten Proben sind nun zurück im Labor in Bremen, wo sie weiter analysiert werden.
Die Andreas Rühl Stiftung
Die gemeinnützige Stiftung wurde im Juni 2017 von Andreas Rühl gegründet. Diese private Initiative verfolgt ausschließlich gemeinnützige und mildtätige Zwecke.
Rückfragen bitte an:
Gruppenleiter
Forschungsgruppe Metabolische Interaktionen
MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen
Raum: |
3244 |
Telefon: |
Pressereferentin
MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen
Raum: |
1345 |
Telefon: |