Analyse mikrobieller Metabolismen

Was hier einem Origami-Schmetterling ähnelt, ist ein kristallisiertes Enzym, das Methan erzeugen kann und in allen Methanogenen vorkommt. Die grün-gelbliche Farbe stammt von einem speziellen nickelhaltigen Molekül. Dieses ist tief im Enzymkern vergraben, hat aber eine immense Bedeutung: Es orchestriert die Bildung des Methans und ist somit der Schlüssel für den gesamten Prozess. (©Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, O. Lemaire)
Was hier einem Origami-Schmetterling ähnelt, ist ein kristallisiertes Enzym, das Methan erzeugen kann und in allen Methanogenen vorkommt. Die grün-gelbliche Farbe stammt von einem speziellen nickelhaltigen Molekül. Dieses ist tief im Enzymkern vergraben, hat aber eine immense Bedeutung: Es orchestriert die Bildung des Methans und ist somit der Schlüssel für den gesamten Prozess. (©Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, O. Lemaire)

Warum ist die Erforschung mikrobieller Stoffwechsel relevant?

Das Ziel der For­schungs­grup­pe Mi­kro­bi­el­le Me­ta­bo­lis­men ist es auf mo­le­ku­la­rer Ebe­ne zu ver­ste­hen, wie Me­tha­no­ge­ne in ex­tre­men Um­wel­ten über­le­ben und wach­sen kön­nen. Denn sie sind der Schlüs­sel um im Fol­gen­den die­se Ge­heim­nis­se zum Beispiel für die syn­the­ti­sche Che­mie nut­zen zu kön­nen. Im Fokus der Forschung stehen deshalb Fragen wie: Wie schaf­fen es Methan-Bakterien, aus ver­schie­de­nem Koh­len­stoff-Quel­len so ef­fi­zi­ent Me­than zu pro­du­zie­ren? Wie wan­deln sie Mi­ne­ra­le in die ele­men­ta­ren Bau­stei­ne des Le­bens um? Und wie schüt­zen sie sich selbst ge­gen Stress­fak­to­ren ih­rer na­tür­li­chen Um­welt?

Wie funktioniert diese Forschung?

Um Ant­wor­ten auf all die­se Fra­gen zu fin­den müs­sen wir die­se Mi­kro­or­ga­nis­men im La­bor kul­ti­vie­ren und die ver­schie­de­nen che­mi­schen Re­ak­tio­nen un­ter­su­chen, die in ih­nen ab­lau­fen. Die En­zy­me, die die Um­wand­lung von Mi­ne­ra­len und Ga­sen ka­ta­ly­sie­ren, sind Pro­te­ine die fremd­ar­ti­ge Re­ak­tio­nen di­ri­gie­ren die für Che­mi­ke­rin­nen und Che­mi­ker bis­her eine hohe Her­aus­for­de­rung dar­stel­len. Wir ent­neh­men die­se En­zy­me und tren­nen sie von an­de­ren Pro­te­inen, in­dem wir sie di­rekt aus dem na­ti­ven Or­ga­nis­mus auf­rei­ni­gen. Da­nach ent­schlüs­seln wir die mo­le­ku­la­ren Ge­heim­nis­se der che­mi­schen Re­ak­tio­nen via Rönt­gen-Kris­tal­lo­gra­phie. Das be­deu­tet, dass wir die En­zy­me zu­nächst kris­tal­li­sie­ren müs­sen, um an­schlie­ßend Rönt­gen­strah­len ver­wen­den zu kön­nen, die uns Bil­der un­se­rer En­zy­me lie­fern.

Eine der größ­ten Her­aus­for­de­run­gen für die die For­schungs­grup­pe ist die Kul­ti­vie­rung der Me­tha­no­ge­ne im La­bor: Be­nö­tigt wer­den da­für spe­zi­el­le Gase, Aus­rüs­tung und – das Wich­tigs­te – das Wis­sen, was die­se Bak­te­ri­en be­nö­ti­gen, da­mit sie wach­sen und stu­diert wer­den kön­nen.

Welche Geräte werden dafür benötigt?

Autoklav

Ein Autoklav wird zum zum Sterilisieren von Lösungen und Materialien verwendet. Auch Abfall wird vor der Entsorgung nochmals autoklaviert. Oft verfügen Arztpraxen über kleinere Autoklave zum Sterilisieren von Arztwerkzeug - daher sind sie dem einen oder anderen vielleicht bekannt. Am Institut haben wir ein sehr großes Autoklav, in dem auch größere Instrumente sterilisiert werden können.

Gasaustauscher mit manueller Bedienung

Viele unserer Organismen wachsen anaerob, also ohne Sauerstoff. Deshalb benötigen wir den Gasaustauscher um Lösungen und Kulturen mit den Gasen Stickstoff oder einem Wasserstoff-Kohlendioxidgemisch zu anaerobisieren. Anaerobisierung bedeutet, dass der Sauerstoff entfernt wird.

Automatisierter Gasaustauscher

Dieses Gerät läuft automatisch und dient ebenfalls der Entfernung von Sauerstoff aus Lösungen. In unserem Falle ist es aber nur mit Stickstoff verwendbar.

Inkubatoren

Das Labor verfügt über spezielle Schüttelinkubatoren, die bis auf 80 °C temperiert werden und bis zu maximal 220 Rotationen pro Minute geschüttelt werden können. Diese Inkubatoren gewährleisten perfekte Wachstumsbedingungen für viele Mikroorganismen, die in Erlenmeyerkolben oder druckresistenten Flaschen kultiviert wurden.

Fermenter

Häufig werden kleine und druckresistente Flaschen benutzt, um anaerobe Mikroorganismen zu kultivieren. Mithilfe von Fermentern kann das Kultivierungsvolumen deutlich erhöht werden – auf bis zu 10 Litern. Außerdem ist ein konstanter Gas-Zufluss möglich, der das Wachstum von Mikroorganismen stimuliert.

Fermenter (©Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, T. Wagner)

Sonication

Um die Proteine aus den Mikroorganismen extrahieren zu können, müssen die Zellen geöffnet werden. Häufig passiert dies mit Sonication – hier werden die Zellen mittels Ultraschall aufgebrochen. Durch die geringe Größe des Gerätes wird es auch in einem der anaeroben Zelte verwendet.

French Press

Die French Press wird ebenfalls zum Zellaufschluss verwendet und arbeitet mit hohem Druck, der manuell eingestellt werden kann.

Aekta Avant (Flüssigkeits-Chromatografie)

Dieses Gerät dient zur Aufreinigung von Proteinen, allerdings unter aeroben Umständen - also in der Gegenwart von Sauerstoff. Für die anaerobe Aufreinigung stehen diese Geräte auch in den Coy Zelten zur Verfügung.

Anaerobe Kammern

Das MicroMet Team verfügt über fünf anaerobe Kammern:

  • Eine Kammer hat eine Stickstoff/Kohlenstoffdioxid Atmosphäre. Hier werden die anaeroben Mikroorganismen „geerntet“ und die Zellen können mittels einem Sonicator anaerob aufgebrochen werden.
  • Drei Kammern haben eine Wasserstoff/Stickstoff Atmosphäre und stehen in einem Raum, der unter 18°C gehalten und gelb beleuchtet werden kann. Dies ist notwendig, da einige der Enzyme unter normalem Licht kaputtgehen. Zwei Kammern enthalten sämtliche Geräte, die zur anaeroben Proteinaufreinigung notwendig sind. Hier können die Proteine aufgebrochen und voneinander separiert werden. Eine Kammer dient ausschließlich der Proteinkristallherstellung vorgesehen. Da die Kristallisierung ein delikater Prozess ist, steht die Kammer auf einen Vibrationstisch und die anaerobe Atmosphäre wird durch ein Filtersystem Partikel frei gehalten.
  • Die fünfte Kammer hat eine Stickstoff Atmosphäre und wird für anaerobe Roboterkristallisation und Proteincharakterisierung verwendet.

 

Gas-Chromatographen

Die Gas-Chromatographen dienen zum Messen von Gasen sowie der Bestimmung der Konzentration zum Beispiel während des Wachstums von Zellkulturen. Unter anderem können folgende Gase gemessen werden: Methan, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Wasserstoff und Sauerstoff.

Photometer

Mit dem Photometer werden Enzym-Aktivitäten gemessen und Aufnahmen von Spektren (Wellenlängenscan von 200-1100 nm) gemacht. Dabei sind maximal 18 Küvetten gleichzeitig messbar, das geringste Probenvolumina beträgt 5 - 1000 µl). Die Temperatur kann auf bis zu 90 °C eingestellt werden.

Beispiele aus der Forschung

Ohne Sauerstoff erhaltene CODH/ACS-Kristalle. Die braune Farbe stammt von den natürlichen Metallen, die die Proteine beinhalten. (© Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/T. Wagner)
Ohne Sauerstoff erhaltene CODH/ACS-Kristalle. Die braune Farbe stammt von den natürlichen Metallen, die die Proteine beinhalten. (© Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/T. Wagner)

Zel­lu­lä­res Kraft­werk re­cy­celt In­dus­trie-Ab­ga­se

Kohlenmonoxid ist ein hochgiftiges Gas. Menschen sterben innerhalb weniger Minuten, wenn sie es einatmen. Trotzdem gibt es Bakterien, die Kohlenmonoxid nicht nur widerstehen können, sie verwenden es sogar zum Atmen und zur Vermehrung. Erkenntnisse darüber, wie diese Bakterien überleben, öffnen ein Fenster in die Urzeiten der Erde und zur Entstehung des Lebens. Gleichzeitig könnten sie für die Zukunft sehr nützlich sein, da sie zur Reinigung von Abgasen und zur Herstellung von Biokraftstoffen verwendet werden können.

In dem Zusammenhang haben zwei Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen eine überraschende Entdeckung gemacht. Sie fanden heraus, dass sich ein Enzym in zwei Bakterien drastisch unterscheidet, ob­wohl es sich um das glei­che En­zym und ähn­li­che Bak­te­ri­en han­delt. Die bei­den Wis­sen­schaft­ler ver­wen­de­ten die Kris­tal­li­sa­ti­ons­me­tho­de, um Kris­tal­le des En­zyms CODH/​ACS zu er­hal­ten und die 3D-Struk­tur des Pro­te­ins mit­tels Rönt­gen­kris­tal­lo­gra­phie zu be­stim­men.

 

Mehr Informationen gibt es in der Pressemitteilung "Zelluläres Kraftwerk recycelt Industrie-Abgase"

 

Originalveröffentlichung:

Oli­vier N. Le­mai­re and Tris­tan Wag­ner: Gas channel rerouting in a primordial enzyme: Structural insights of the carbon-monoxide dehydrogenase/acetyl-CoA synthase complex from the acetogen Clostridium autoethanogenum. BBA – Bio­en­er­ge­tics, 2020

DOI: 10.1016/j.bbabio.2020.148330

Bilder von F420H2-Oxidase-Kristallen mit einer typischen Größe von 0,1 mm. Zusammen mit Sauerstoff geben das Eisen und Flavin im Inneren des Enzyms den Kristallen die natürliche gelbe Farbe. (© Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/T. Wagner)
Bilder von F420H2-Oxidase-Kristallen mit einer typischen Größe von 0,1 mm. Zusammen mit Sauerstoff geben das Eisen und Flavin im Inneren des Enzyms den Kristallen die natürliche gelbe Farbe. (© Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie/T. Wagner)

Was­ser am Ende des Tun­nels

Wir Menschen brauchen Sauerstoff zum Atmen – für viele Mikroben ist er dagegen ein tödliches Gift. Darum haben Mikroorganismen Wege entwickelt, Sauerstoffmoleküle unschädlich zu machen. Forschenden aus Bremen, Marburg und Grenoble ist es nun gelungen, einen solchen Mechanismus zu entschlüsseln. Sie zeigen, wie Methanbakterien den für sie so gefährlichen Sauerstoff in harmloses Wasser verwandeln, ohne dabei Schaden zu nehmen. Diese Erkenntnisse sind relevant für zukünftige bio-inspirierte Prozesse in der Industrie.

 

Mehr Informationen gibt es in der Pressemitteilung "Wasser am Ende des Tunnels"

 

Originalveröffentlichung:

Syl­vain En­gil­ber­ge#, Tris­tan Wag­ner#, Phil­ip­pe Car­pen­tier, Eric Gi­rard, Sei­go Shi­ma: Krypton-derivatization highlights O2-channeling in a four-electron reducing oxidase. Che­mi­cal Com­mu­ni­ca­ti­on, Sep­tem­ber 2020

DOI: 10.1039/d0cc04557h

# Die bei­den Au­to­ren ha­ben gleich­be­rech­tigt zum Pa­per bei­ge­tra­gen

Kontakt

Gruppenleiter

Dr. Tristan Wagner

MPI für Marine Mikrobiologie
Celsiusstr. 1
D-28359 Bremen

Telefon: 

+49 421 2028-7440

Dr. Tristan Wagner
 
 
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